Störungen in öffentlichen und privaten Abwasserleitungen sind kostenaufwendig. Wohnungs- und Abwasserwirtschaft verfolgen gemeinsame Interessen gegen Rohrverstopfungen und „Vermüllung“ über die WC´s. Wie können die Kampagnen der Abwasserentsorger auch für die Begrenzung von Versicherungskosten mit genutzt werden? Mit Stephan Natz, Pressesprecher der Berliner Wasserbetriebe (BWB), sprachen Helmut Asche und Siegfried Rehberg über die Erfahrungen des größten deutschen Abwasserentsorgungsunternehmens mit der Informations-Kampagne: Die BWB-Kampagne „Das singende WC“.
Um die Jahrtausendwende wurden die BWB nach um rund 45 Prozent gesunkenem Wasserverbrauch in Haushalten und der Industrie mit den Folgen für die Abwasserentsorgung konfrontiert: In den Sommermonaten entwickelten sich vor allem in der Mischkanalisation der Innenstadtbereiche Schwefelwasserstoffdämpfe, „es stank aus den Gullys“. Zudem forcierten die Dämpfe auch die Korrosion von Eisenbauteilen in den Kanälen. Lösungen zur Abhilfe entwickelte eine interne Taskforce der BWB.
Das aggressive Abwasser stellt höchste Ansprüche an das Rohrmaterial und die Ma-schinentechnik in den Klärwerken. Wartung und Instandhaltung wurden intensiviert. In der betriebsinternen Versuchsanlage laufen Forschungsarbeiten an Rohrmaterialien und für hydraulische Konzepte für die Optimierung der Schmutz- und Regenwasserleitungen. Dadurch wird das Betriebsrisiko und der Aufwand in der baulichen Unterhaltung langfristig reduziert.
Feuchttücher (Microfasertücher) sind das neue Problem
Seit ca. 10 Jahren stellen die neu auf den Markt gekommenen Microfasertücher (Feuchttücher) neue Herausforderungen: Die Tücher lösen sich anders als Toilettenpapier auf dem Weg in die Klärwerke nicht auf, sondern „verzopfen“. Denn die nahezu reißfesten Vliese verstopfen Rohre in der Kanalisation und den Rechenanlagen in den Klärwerken. Oder sie verwinden sich zu oberschenkeldicken Zöpfen, vor denen selbst PS-starke Pumpwerke kapitulieren.
Allein in einem Jahr zählte der Entstörungsdienst der Berliner Wasserwerke bislang rund 1000 Einsätze wegen Verstopfungen der Pumpen und Kanäle. Zwischen 2009 und 2012 stiegen die Verstopfungen um 200 Prozent. Die Beseitigung von Verstopfungen in Kanälen, Pump- und Klärwerken kostet die Wasserbetrieben jährlich mehr als eine Million Euro, Tendenz steigend. Hinzu kommen noch die Kosten für die dadurch anfallenden Reparaturen sowie die durch die zunehmende Belastung der Pumpen steigenden Stromkosten. Und der Markt an Vliestüchern steigt um jährlich rund acht Prozent allein in Deutschland.
Schon damals appellierten die BWB: „Ein Klosett ist keine Mülltonne. Nur menschliche Ausscheidungen, Klopapier und Wasser gehören in den Abfluss, alles andere ist Ab-fall, gehört also in die Mülltonne.“ Mit Anzeigen, Plakaten und Aushängen in vielen Sprachen agierten die BWB. Mit Führungen für Schulklassen in den Klärwerken aber auch mit Beiträgen der Ente Paula Platsch auf dem YouTube-Kanal der BWB „klassewasser. de“ informierten die BWB über den Wasser-Abwasser-Kreislauf, und wie er geschützt wird. klassewasser.de Hörspiele – Kinder
Aktuell ist das singende WC auf YouTube (siehe Forum Leitungswasser Ausgabe 12) und der nach dem gleichen Motto neu gestaltete Informationsstand der BWB „ein Renner“:
Verhinderung von Rohrverstopfungen liegt im gemeinsamen Interesse
Wohnungswirtschaft und Abwasserentsorger haben gemeinsame Interessen: Der kompetente Umgang mit Frischwasser bzw. Abwasser ist erforderlich. Störungen im Leitungssystem sollen vermieden werden. Die Wohnungswirtschaft muss sich den Herausforderungen stellen, dass Fremdstoffe im Abwasser der Haushalte zu Rohrverstopfungen im Gebäude, zu den daraus folgenden Materialschäden, zu erhöhten Versicherungskosten (Prämien!) und unangenehmen Mieterstörungen führen.
In den Stadtquartieren und Bezirken werden die Entwässerungsleitungen unterschiedlich stark durch das Verhalten der Nutzer (Einleitung von Abfallstoffen) belastet – entsprechend werden auch die öffentlichen Abwasserleitungen mal mehr mal weniger verschmutzt und das Abfließen wird behindert. Für die Entsorger steht die Betriebssicherheit der Anlagen im besonderen Fokus, ebenso ein hoher Reinigungsgrad und die optimale Aufbereitung des Abwassers im Klärwerk. Eine hohe Belastung von Abwasser mit Fremdstoffen, u.a. chemischen Substanzen beeinträchtigt die Funktionsfähigkeit der Klärwerke.
Stabile Abwasser- und Wassergebühren sichern
Weniger Verschmutzung heißt, die Kanalleitungen sind frei und die mehrstufige Reinigung des Abwassers in den Klärwerken ist gesichert, das geklärte Wasser kann in den Kreislauf zurückgeführt werden. Damit werden letztlich auch stabile Abwasser- und Wassergebühren gesichert!
Das Problem der unsachgemäßen Verschmutzung der Abwassersysteme wird – ähnlich wie in Wohnungsunternehmen – in der Abwasserwirtschaft kommuniziert…