Das Für und Wider einer Untätigkeitsklage bei stockenden Bauvorhaben

Behörden kommen mit der Erteilung von Baugenehmigungen nicht mehr hinterher – diese Erfahrung machen derzeit viele angehende Bauherren. Die Folge: Private wie öffentliche Bauvorhaben werden entweder nicht oder nur mit erheblichen Verzögerungen realisiert, was wiederum die Baukosten steigert. Daher versuchen einige Bauherren, die Erteilung der begehrten Baugenehmigung auf juristischem Wege zu beschleunigen. Modus Operandi kann die in § 75 der Verwaltungsgerichtsordnung geregelte Untätigkeitsklage sein. Dabei gilt zu beachten:

Keine wirkliche Klage

Entgegen ihres Namens ist die Untätigkeitsklage keine eigene Klageart. „Sie ist vielmehr ein prozessuales Beschleunigungsmittel für eine Verpflichtungsklage zur Erteilung der Baugenehmigung vor dem örtlich zuständigen Verwaltungsgericht“, erläutert Steimann, Spezialist für öffentliches Baurecht bei Koenen Bauanwälte. Bauherren können nach Ablauf einer Sperrfrist von 3 Monaten nach Antragstellung Klage erheben – sofern eine Entscheidung über die Baugenehmigung ohne zureichenden Grund ausgeblieben ist.

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Diese dreimonatige Entscheidungsspanne gilt nicht, wenn die Behörde eine Entscheidungsfindung entweder verweigert oder der potentielle Kläger nicht mehr damit rechnen kann. Letzteres trifft beispielsweise zu, wenn eine Baugenehmigungsbehörde öffentlich erklärt, Personalmangel verhindere eine Entscheidungsfindung in angemessener Zeit. Generelle Arbeitsüberlastung oder die Überlastung einzelner Mitarbeiter fallen nicht in diesen Rahmen; für ausreichende Vertretung trägt die Behörde Sorge.

Ganz oder gar nicht

Die Untätigkeitsklage bedarf einer ausbleibenden Entscheidung ˈin angemessener Frist ohne zureichenden Grundˈ. Entscheidung bedeutet eine abschließende Genehmigung oder Ablehnung des Bauantrags durch die Behörde. „Eine bloße Rückmeldung zum Bearbeitungsstand reicht nicht aus“, unterstreicht Steimann. Für die finale Entscheidung benötigt die Behörde selbstverständlich alle erforderlichen Unterlagen.

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Und vor Gericht?

Das Gericht gibt der Klage entweder statt und verpflichtet die Behörde zur Erteilung der Baugenehmigung, oder aber es bewertet die Verspätungsgründe als zureichend und setzt der Behörde eine neue Frist.

Für wen lohnt sich die Untätigkeitsklage?

Da die Untätigkeitsklage nur eine prozessual beschleunigte Verpflichtungsklage ist, sollte der jeweilige Bauherr grundsätzlich Bereitschaft zur gerichtlichen Auseinandersetzung mitbringen. Der Eingang einer Untätigkeitsklage stößt bei Behörden nicht auf Gegenliebe – wer damit entspannt umgehen kann, dem dient die Untätigkeitsklage als probates Mittel, um das Genehmigungsverfahren zu beschleunigen und sein Bauvorhabens voranzutreiben. Den persönlichen Austausch mit dem zuständigen Sachbearbeiter bewertet der Bauanwalt allerdings als erste Wahl.

Was müssen Bauherren noch über die Untätigkeitsklage wissen?

Den Beschleunigungsgang kann ausschließlich der Bauherr selbst oder der bevollmächtigte Prozessvertreter, in der Regel der Anwalt, einlegen; ausführende Bauunternehmen verfügen diesbezüglich über keine Handhabe. Erzielt die Klage Erfolg, bescheidet das Gericht die ersehnte Erteilung der Baugenehmigung. Da der gerichtliche Weg keinen Schadensersatz zuspricht, lassen bedachte Bauherren den finanziellen Aufwand für Anwalt- und Gerichtskosten in ihre Überlegungen einfließen.

Morten Steimann

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