„Wir brauchen eine grundlegende Neuausrichtung der Klima- und Energiepolitik“: das für die Berlin-Brandenburger Wohnungswirtschaft. Hintergrund: Die Energiewende bedeutet enorme Belastungen für die Wohnungsunternehmen und ihre Mieterinnen und Mieter, ohne allerdings zu den angestrebten Klimaschutzerfolgen zu führen. Ansatzpunkte für eine Neuausrichtung zeigt eine im Auftrag des Verbandes erstellte Studie auf.
Die Studie basiert auf der wissenschaftlichen Auswertung der Erfahrungen mit einem mehrfach ausgezeichneten Modellquartier des Berliner Wohnungsunternehmens „Märkischen Scholle eG“. In ihrem Mittelpunkt steht die Frage: Welches sind die Hebel, mit denen ein klimaneutraler Gebäudebestand wirtschaftlich und sozial verträglich umgesetzt werden kann?
Energiewende: Teuer, aber ineffizient
Die Vorgaben der Energiewende haben allein in den letzten Jahren bei Modernisierungen und Neubauten zu Baukostensteigerungen um ca.16 Prozent geführt – zusätzlich zu den nachfragebedingt ohnehin schon steigenden Baupreisen. „Da die Baukosten refinanziert werden müssen, schlagen sich steigende Baukosten natürlich auch in steigenden Mieten nieder“, so Kern. Hinzu kommt – im Wesentlichen ebenfalls als eine Folge der Energiewende – auch noch eine drastische Verteuerung der Strompreise. Seit 2010 stiegen sie in Berlin um rund 40 Prozent und damit viermal so schnell wie die Preise insgesamt. Kern: „Solche Steigerungen der Wohnkosten belasten vor allem untere Einkommensschichten besonders. Die Energiewende hat deshalb eine erhebliche soziale Unwucht, die jetzt dringend korrigiert werden muss.“
Trotz aller Anstrengungen und Kosten hat Deutschland seine internationale Spitzenposition beim Klimaschutz eingebüßt. Die große Nichtregierungsorganisation Can Europe attestierte Deutschland jüngst, beim Klimaschutz im europäischen Vergleich nur noch das Mittelfeld zu belegen. „Angesichts der großen Lasten, die die Energiewende gerade auch für die Wohnkosten bedeutet, sind diese unbefriedigenden Ergebnisse besonders bitter“, so BBU-Vorstand Kern.
Die Wurzel des Problems: Energie- statt CO2-Sparen
Als Ursachen für die angesichts ihrer hohen Kosten für Verbraucherinnen und Verbraucher bislang unbefriedigenden Ergebnisse der Energiewende identifiziert die Studie für den Gebäudebereich mehrere Faktoren. Dreh- und Angelpunkt dabei: Dass nicht die Reduzierung von CO2-Emissionen der Maßstab für die Bewertung der Effizienz vorgeschriebener Maßnahmen ist, sondern der – in der Praxis eher fiktive – Primärenergiebedarf einer Wohnung. „Diese Fixierung auf einen theoretischen Wert ist das Korsett, das die Energiewende einengt und ihr buchstäblich die Luft zum Atmen nimmt“, unterstrich Kern. Deshalb werde die Wohnungswirtschaft gezwungen, mit enormem Ressourcen- und Geldaufwand in vielfach wenig effektive Maßnahmen zu investieren. Einige Beispiele:
Fokussierung auf Dämmung
„Viel hilft viel“ – diese Logik geht bei der Dämmung nicht auf. Ab einer Dämmdicke von acht Zentimetern führt jeder weitere Zentimeter Materialaufwand nur noch zu einer exponentiell abnehmenden Einsparung beim Heizwärmebedarf, während der Kosten-, Ressourcen- und Primärenergieaufwand des Materials linear zunimmt. Die Folge sind explodierende Baukosten bei allenfalls noch minimalen Einsparergebnissen. Trotzdem ist die Dämmdicke nach wie vor die wesentliche Stellgröße innerhalb der deutschen Fördersystematik…