Zum Abschluss des Panels „Intelligente Datenerfassung“ rückte Engelmann einen Punkt in den Vordergrund, der in vielen Diskussionen eher am Rand vorkommt: Wo genau beginnt eigentlich Intelligenz im System?
Die Antwort des Unternehmens fällt klar aus: nicht erst im Gateway oder in der Cloud, sondern bereits im Endgerät – also im Heizkostenverteiler, im Zähler und in der Art, wie diese Geräte montiert und betrieben werden. Von dort spannt Engelmann den Bogen bis zu einer Plattform, die Zählerdaten unterschiedlicher Hersteller aufnimmt und den Weg in die Abrechnung stark automatisiert.
Pain Points: Wo heute Aufwand und Risiken entstehen
- Heterogene Bestände
In vielen Liegenschaften findet sich ein Mix aus Zählern und Heizkostenverteilern verschiedener Hersteller und Generationen. Mischliegenschaften sind eher die Regel als die Ausnahme. - Aufwändige Nachrüstung
Der Umstieg auf fernauslesbare Technik ist häufig mit dem Tausch von Rückenplatten und umfangreichen Montagearbeiten verbunden – ein Thema, das bei knappen Montagekapazitäten besonders schmerzhaft ist. - Unsicherheit bei Funk und Sicherheit
Betreiber erwarten herstellerübergreifenden Empfang (OMS, wireless M-Bus) und zugleich eine sichere Übertragung bis ins Backend. Unterschiedliche Lösungen, Netze und Verschlüsselungsansätze machen die Bewertung komplex. - Manuelle Prozessketten
Zwischen Gateway, Datenübernahme und Abrechnung sind oft noch viele Handschritte nötig – mit entsprechender Fehleranfälligkeit beim Export, Import oder bei der Zuordnung von Zählern. - Fachkräftemangel im Feld
Je komplizierter Montage, Konfiguration und Inbetriebnahme, desto stärker wirkt sich der Mangel an qualifizierten Monteuren aus.
Der Ansatz: Gateway, Plattform und Endgerät als durchgängige Linie
Intelligente Datenerfassung: das neue Gateway
Die Folien zur „Intelligenten Datenerfassung“ beschreiben ein Gateway, das einige in der Branche diskutierte Anforderungen bündelt:
- LPWAN-Funktechnologien: Nutzung moderner Low-Power-Wide-Area-Netze wie LTE-M; weitere Netze wie NB-IoT oder LoRaWAN werden als relevante Optionen genannt.
- Herstellerunabhängigkeit: Empfang von OMS-Geräten und wireless-M-Bus-Telegrammen, einschließlich verschiedener OMS-Modi (C1/T1, S1). Damit sollen sowohl Engelmann-Zähler als auch Geräte anderer Hersteller eingebunden werden können.
- Skalierung: Laut Präsentation lassen sich im Batteriebetrieb bis zu 2.500 Geräte auslesen.
- Lange Betriebszeit: Typische Batteriekapazität von 12 Jahren bei zwei Auslesungen pro Monat – passend zu zwei Eichzyklen vieler Messgeräte.
- Sichere Kommunikation: Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, Entschlüsselung erst im Zielsystem.
Im Panel betont Engelmann zusätzlich den Installationsaspekt: Das Gateway soll mit „drei Löchern“ montiert sein – ohne Öffnen des Gehäuses, möglichst vorkonfiguriert und automatisiert in Betrieb genommen. Die Vision: Geräte so einfach machen, dass perspektivisch auch Hausmeister statt spezialisierter Techniker montieren können.
Intelligente Datenaufbereitung: Plattform für Überblick und Prozesskette
Die vorgestellte Plattform ergänzt das Gateway um eine Sicht auf die gesamte Liegenschaft:
- Visualisierung wichtiger Kennzahlen
Oberflächen zeigen den Status von Liegenschaften und Anlagen auf einen Blick – etwa Kommunikationszustände oder auffällige Zähler. - Automatisierte Prozesskette
Prozesse vom Datenempfang bis zum Import ins Abrechnungssystem sollen automatisiert werden. Ziel ist, manuelle Schritte – etwa das händische Exportieren und Importieren von Dateien – so weit wie möglich zu reduzieren und Fehlerquellen zu minimieren. - Mischliegenschaften
Die Plattform ist ausdrücklich darauf ausgelegt, Zähler anderer Hersteller mitzuverarbeiten. Für die Wohnungswirtschaft ist das relevant, weil Bestände meist nicht homogen ausgerüstet sind.
Eine eigenständige, vollautomatische Plausibilisierung der Verbrauchsdaten leistet die Plattform bewusst nicht; hier verweist Engelmann in der Diskussion auf die Stärken spezialisierter Abrechnungssysteme, die stärker auf Gebäudeinformationen zugreifen können.

Intelligenz am Heizkörper: der „rundum-sorglos-HKV Unifix“
Als drittes Element stellt Engelmann einen neuen Heizkostenverteiler vor, der den Claim „rundum-sorglos-HKV Unifix“ trägt.
- Kompatibel zu vielen Rückenplatten
Die Präsentation zeigt Varianten für Techem, Metrona, Engelmann, Qundis P2/P3, Sontex und Caleffi – der HKV soll also auf verschiedene bestehende Wärmeleiter passen. - Rückenplatten müssen nicht getauscht werden
Das spart Montagezeit und reduziert Eingriffe in die Heizkörper – ein Vorteil gerade bei großflächiger Nachrüstung in Beständen. - Rückenplatten-Erkennung
Der Unifix erkennt, auf welcher Rückenplatte er montiert wurde, zeigt dies während der Installation im Display an und überträgt die Information im Funktelegramm. - Unterstützung für Bestandspflege
Durch die Übertragung der Rückenplatten-Information lassen sich Bestandsdaten plausibilisieren: Wurde die richtige Kombination verbaut? Stimmen Monteur-Angaben mit der tatsächlichen Installation überein?
Damit adressiert Engelmann einen sehr praktischen Schmerzpunkt: Fehler bei der Zuordnung von Heizkörpern, Rückenplatten und Geräten, die später aufwendig korrigiert werden müssen.
Warum das wichtig ist
- Die letzten 40 % der Bestände müssen unter Zeitdruck mit fernauslesbarer Technik ausgestattet werden, und das bei begrenzten Monteurkapazitäten.
- Jede eingesparte Minute bei Montage und Inbetriebnahme hilft, Fristen und Budgets einzuhalten.
- Endgeräte, die Bestandskomponenten weiter nutzen und ihre Konfiguration selbst „mitliefern“, reduzieren Fehler und Nacharbeiten.
- Ende-zu-Ende-Verschlüsselung stärkt Vertrauen in die Datenwege. Bei wachsender Vernetzung ist das ein zunehmend wichtiges Thema.
- Automatisierte Prozessketten vom Gateway bis zur Abrechnung entlasten Backoffice-Teams und senken das Fehlerrisiko.
Einordnung für die Wohnungswirtschaft / Entscheider:innen
Für die Wohnungswirtschaft ist Engelmanns Ansatz vor allem dort interessant, wo große Bestände mit gemischten Geräten nachgerüstet werden müssen – und wo Fachkräfte knapp sind.
- Tiefer Einstieg ins Feld
Mit dem Unifix-HKV versucht Engelmann, Aufwand direkt an der Quelle zu reduzieren: vorhandene Rückenplatten weiter nutzen, Montage vereinfachen, Bestandsdaten per Funk absichern. Das ist pragmatisch und adressiert typische Pain Points aus der Praxis. - Herstellerunabhängigkeit im Gateway
Das angekündigte Gateway, das OMS- und wireless-M-Bus-Geräte verschiedener Hersteller empfängt, passt zur Realität heterogener Bestände. Entscheidend wird sein, wie gut dies im Mischbetrieb tatsächlich funktioniert. - Automatisierung mit klaren Rollen
Dass Engelmann Plausibilisierung und komplexe Abrechnungslogik den Abrechnungssystemen überlässt, kann als Vorteil gesehen werden: Jeder Baustein bleibt bei seiner Kernkompetenz. Wichtig ist, Schnittstellen und Verantwortlichkeiten sauber zu definieren. - Installation als strategischer Hebel
Die im Panel skizzierte Vision – Geräte vorkonfiguriert verschicken, von Hausmeistern anbringen lassen, automatische Inbetriebnahme – zeigt, wohin die Reise gehen soll: weg von hochspezialisierten Einzelterminen, hin zu stark standardisierten Rollouts.
Was jetzt zu tun ist
- Bestand analysieren: Welche Heizkostenverteiler- und Rückenplatten-Typen sind im Einsatz? Wie heterogen sind die Bestände?
- Installationsaufwand bewerten: Wie viel Zeit fließt heute in Rückenplattentausch, Gehäuseöffnung, Parametrierung und Inbetriebnahme der Geräte?
- Anforderungen an Endgeräte formulieren: In Ausschreibungen festhalten, dass neue HKV-Generationen vorhandene Wärmeleiter weiter nutzen und Installationsfehler per Funk erkennbar machen sollen.
- Gateway-Strategie klären: Prüfen, wie viele Geräte pro Standort ein Gateway versorgen muss, welche Funknetze verfügbar sind (z. B. LTE-M) und welche Sicherheitsanforderungen an Verschlüsselung gestellt werden.
- Automatisierungsgrad in der Abrechnung prüfen: Wo sind heute noch manuelle Exporte/Importe nötig? Welche Schnittstellen kann eine Plattform wie die von Engelmann nutzen?
- Pilotprojekte definieren: In ausgewählten Liegenschaften testen, wie sich vereinfachte Installation, herstellerübergreifender Empfang und automatisierte Datenwege in der Praxis bewähren.
Fazit
Engelmann setzt mit seinem Beitrag ein klares Statement: Intelligenz in der Fernauslesung ist mehr als ein „schlaues“ Gateway. Sie beginnt beim Heizkostenverteiler, führt über herstellerunabhängige Funkempfänger und reicht bis zu automatisierten Prozessketten in der Abrechnung.
Für die Wohnungswirtschaft kann dieser Ansatz vor allem dort Mehrwert stiften, wo Rollouts schnell, standardisiert und mit knappen Ressourcen umgesetzt werden müssen – und wo gemischte Bestände eher die Regel als die Ausnahme sind. Ob Engelmanns Lösungen diese Versprechen unter Realbedingungen einlösen, werden Pilotprojekte und konkrete Kennzahlen zeigen müssen. Die strategische Richtung aber ist klar: weniger Montageaufwand, mehr Automatisierung und ein stärkerer Fokus auf Intelligenz direkt am Endgerät.
Das Wichtigste auf einen Blick
- Fokus des Vortrags: „Intelligenz beginnt beim Endgerät“ und soll sich bis zu den automatisierten Prozessen in den Backendsystemen durchziehen.
- Neues Gateway: Funkbasiert, batteriebetrieben, herstellerunabhängig für OMS- und wireless-M-Bus-Geräte, angebunden über LTE-M; typische Batterielaufzeit: 12 Jahre bei zwei Auslesungen pro Monat.
- Sicherheit: Ende-zu-Ende-Verschlüsselung bis zum Zielsystem. Entschlüsselung erst dort, wo die Daten verarbeitet werden.
- Plattform zur Datenaufbereitung: Visualisierung des Anlagenstatus, automatisierte Prozesskette von der Datenübernahme bis zum Import ins Abrechnungssystem, inklusive Verarbeitung von Zählern anderer Hersteller.
- Neuer HKV „Unifix“: Rundum-sorglos-Heizkostenverteiler, der auf mehrere gängige Rückenplatten passt, diese erkennt, auf dem Display anzeigt und im Funktelegramm mit überträgt.
- Installationsidee: Geräte sollen möglichst vorkonfiguriert kommen, ohne Gehäuseöffnung montiert werden können, perspektivisch sogar durch Hausmeister statt spezialisierte Monteure.
Glossar / Begriffserklärungen
- Heizkostenverteiler (HKV)
Gerät am Heizkörper, das die Wärmeabgabe erfasst und als Basis für die verbrauchsabhängige Heizkostenverteilung dient. - Rückenplatte / Wärmeleiter
Metallische Montageplatte am Heizkörper, die die Wärme an den Heizkostenverteiler weitergibt. Unterschiedliche Hersteller nutzen unterschiedliche Geometrien. - OMS / wireless M-Bus
OMS (Open Metering System) ist ein herstellerübergreifender Standard für Zähler- und Sensordaten, oft basierend auf wireless M-Bus als Funkprotokoll. - LPWAN / LTE-M / NB-IoT / LoRaWAN
Low Power Wide Area Networks sind Funknetze mit großer Reichweite und geringem Energieverbrauch. LTE-M und NB-IoT sind Mobilfunk-Varianten, LoRaWAN ein alternativer Funkstandard. - Ende-zu-Ende-Verschlüsselung
Verfahren, bei dem Daten beim Sender verschlüsselt und erst im Zielsystem entschlüsselt werden – Zwischenstationen sehen nur chiffrierte Inhalte. - Mischliegenschaft
Gebäude oder Liegenschaft, in der Geräte verschiedener Hersteller und Generationen parallel betrieben werden.
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Autor: Redaktion Wohnungswirtschaft Heute – HEIKOM-Sonderausgabe Startups 2025
Foto: DEUMESS – Frank Schütze / Fotografie Kranert


