Zählerdaten im Griff: Wie solvimus den Datenhub im Gebäude denkt

„Wer hat eigentlich alles ein Interesse an den Zählerdaten Ihrer Liegenschaft?“ Mit dieser Frage eröffnete Remo Reichel seinen Vortrag auf der HEIKOM. Gemeint sind nicht Cyberkriminelle, sondern die Vielzahl an Akteuren, die heute legal und sinnvoll mit Zählerdaten arbeiten: Mess- und Abrechnungsdienste, Gebäudeleittechnik, Energiemanager, ESG-Teams.

Die Antwort zeigt ein zentrales Problem der Digitalisierung in der Wohnungswirtschaft: Zählerdaten werden mehrfach erfasst, in unterschiedlichen Systemen gespeichert und in jeweils eigene Formate übersetzt. solvimus, mit Sitz im thüringischen Ilmenau, positioniert sich hier als Anbieter eines neutralen Datensammlers im Gebäude, der alle relevanten Zählerquellen zusammenführt und die Daten direkt an die gewünschten Zielsysteme verteilt.


Herausforderungen: Zählerdaten zwischen Pflicht und Datensilos

  • Heterogene Zählerlandschaft
    In einem typischen Bestand treffen elektrische Energiemessungen, Wärme- und Kältezähler, Wasser- und Gaszähler sowie Heizkostenverteiler aufeinander, häufig von unterschiedlichen Herstellern und mit verschiedenen Schnittstellen (M-Bus, Modbus, Impuls, Funk/OMS).
  • Mehr als nur Abrechnung
    Klassisch denkt man bei Zählerdaten an Heiz- und Betriebskostenabrechnung sowie UVI. In Zweck- und Gewerbebauten kommen jedoch weitere Anwendungsfälle hinzu: Gebäudeleittechnik, Energiemanagement nach ISO 50001, Monitoring von Anlagen oder Lastspitzen.
  • Viele Zielsysteme, viele Sprachen
    • Messdienst und Abrechnung bevorzugen oft CSV-Dateien, übertragen per E-Mail oder FTP.
    • Energiemanager arbeiten mit Cloudlösungen und erwarten JSON- oder XML-Daten über MQTT(S) oder HTTP/REST-Endpunkte.
    • Die GLT benötigt Live-Daten in kurzen Intervallen, z. B. via Modbus oder BACnet/SC – inklusive Leistungs- und Spannungswerten.
  • Proprietäre Ketten und Lock-in-Risiken
    Wenn Zählerdaten nur über die Cloud eines einzigen Anbieters laufen, wird jeder Systemwechsel zum Großprojekt. Gleichzeitig verlieren Eigentümer leicht den Überblick, wo ihre Daten tatsächlich verarbeitet werden.
  • Hoher Integrationsaufwand
    Für jeden neuen Use Case – etwa eine Energiemanagementplattform – entstehen zusätzliche Projekte, Gateways und Schnittstellen. Das kostet Zeit, Geld und Nerven in IT, Technik und beim Messdienst.

Der Ansatz: „Jede Quelle. Jedes Ziel. Keine Abhängigkeit.“

In der Präsentation verdichtet solvimus seinen Ansatz in drei Schlagworte, illustriert über klar gestaltete Folien:

  • „Jede Quelle“ – Zähler- und Sensordaten bündeln
    Die Folie zeigt Symbole für Strom, Wärme, Solar, Wasser, Temperatur, Gas und weitere Medien. Dahinter steckt die Idee, sämtliche relevanten Zähler und Sensoren in einem Gerät zusammenzuführen, unabhängig davon, ob sie kabelgebunden (z. B. M-Bus, Modbus, Impuls) oder per Funk/OMS angebunden sind.
  • „Jedes Ziel“ – Daten parallel verteilen
    Eine weitere Folie visualisiert unterschiedliche Zielwelten: Cloud, Kennzahlen- und Dashboards, Gebäude, Industrie-/Produktionsprozesse, Abrechnung, Datenbanken. Gemeint ist: Der Datensammler soll mehrere Systeme gleichzeitig bedienen können – mit jeweils passenden Protokollen und Formaten.
  • „Keine Abhängigkeiten“ – Neutraler Datenhub statt Cloud-Pflicht
    Im Zentrum steht ein konkretes Gerät (MUC.easy plus) mit dem Claim „Keine Abhängigkeiten“. Das Gerät fungiert als Datendrehscheibe im Gebäude: Es sammelt Zählerdaten, stellt sie auf unterschiedlichen Protokollen bereit, aber solvimus betreibt keine eigene Cloud, in der die Daten zwischengelagert werden.

Damit unterscheidet sich der Ansatz von Lösungen, die Datenerfassung und Plattformbetrieb an einen einzigen Anbieter koppeln.

Wie die Datenflüsse konkret aussehen

  • Eingangsseite („Quelle“)
    • Einlesen von Strom-, Wärme-, Wasser-, Gaszählern und Heizkostenverteilern,
    • Integration von Sensorik wie Temperatur-, Feuchte- oder Bewegungssensoren über dieselbe Infrastruktur (u. a. dank OMS-Standardisierung),
    • Unterstützung unterschiedlicher Unterzähler, auch im industriellen oder gewerblichen Umfeld.
  • Ausgangsseite („Ziel“)
    • Abrechnung/Messdienst: CSV-Dateien, per E-Mail oder FTP übertragbar.
    • Cloud/Energiemanagement: JSON- oder XML-Ströme via HTTP/REST oder MQTT(S) in Cloudplattformen.
    • Gebäudeautomation/GLT: Live-Daten über Modbus oder BACnet, perspektivisch BACnet/SC für eine abgesicherte IP-Kommunikation.
    • Datenbanken/BI: Direkte Anbindung von Datenbanken bzw. Exporte für Reporting- und Analytics-Systeme.

Das zentrale Versprechen: Ein Gerät pro Liegenschaft oder Gebäudeteil kann alle relevanten Quellen und Ziele bedienen und damit künftige Erweiterungen erleichtern, ohne die Infrastruktur neu aufsetzen zu müssen.


Warum das wichtig ist

  • Die Zahl der Anwendungen, die Zählerdaten nutzen, wächst, Abrechnung ist nur ein Baustein.
  • Ohne technischen Datenhub drohen Datensilos, doppelte Installationen und hohe Integrationskosten.
  • Unabhängigkeit von einzelnen Cloud- oder Plattformanbietern erhöht die digitale Souveränität der Wohnungswirtschaft.
  • Wenn Zählerdaten im Gebäude gebündelt und von dort verteilt werden, bleiben Speicherort und Datenflüsse transparent.
  • Eine flexible Datendrehscheibe erleichtert es, neue regulatorische Anforderungen (z. B. UVI, ESG-Reporting) mit vorhandener Infrastruktur zu erfüllen.

Einordnung für die Wohnungswirtschaft

Für Entscheider:innen stellt sich weniger die Frage, ob solvimus ein weiteres Gerät auf den Markt bringt, sondern welche Rolle ein solcher Datensammler in der Gesamtarchitektur der Bestände spielen kann:

  • Vom „Messdienst-Kanal“ zur Mehrfachnutzung
    Zählerdaten laufen heute oft exklusiv zum Messdienst. Wer parallel Energiemanagement, GLT-Optimierung oder ESG-Auswertungen aufbauen will, landet schnell bei Zusatzprojekten. Ein neutraler Datensammler macht es möglich, denselben Datenstrom mehrfach zu nutzen, ohne mehrere Erfassungsebenen aufzubauen.
  • Digitale Souveränität und Wechseloptionen
    Ein Gerät im Gebäude, das offene Protokolle spricht, reduziert Abhängigkeiten. Wenn Abrechnungspartner oder Energiemanagementplattform wechseln, muss nicht zwangsläufig die Zählerinfrastruktur erneuert werden, denn die Anbindung erfolgt über andere Schnittstellen.
  • IT- und OT-Integration
    Zählerdaten sind inzwischen kein reines „Technikthema“ mehr, sondern Teil der IT- und Datenstrategie. Ein klar definierter Datenhub erleichtert es, Zuständigkeiten zwischen IT, Technik, Messdienst und Fachbereichen zu verteilen.
  • Perspektive auf neue Use Cases
    Wo heute nur Verbräuche für die Abrechnung genutzt werden, könnten morgen Lastspitzenmanagement, Anlagenoptimierung oder Mieterstrommodelle hängen. Eine Infrastruktur, die „jede Quelle – jedes Ziel“ abbilden kann, schafft Spielraum für künftige Geschäftsmodelle.

Was jetzt zu tun ist

  1. Stakeholder-Landkarte erstellen: Wer nutzt heute Zählerdaten (Abrechnung, Technik, Energiemanagement, ESG, GLT)? Wer könnte in Zukunft dazukommen?
  2. Quellen erfassen: Welche Medien und Zählertypen sind im Bestand vorhanden (Strom, Wärme, Wasser, Gas, weitere Sensorik)? Über welche Protokolle werden sie angebunden?
  3. Zielsysteme und Formate identifizieren: Welche Systeme erwarten CSV, welche REST/MQTT, welche Modbus/BACnet/SC? In welchen Intervallen?
  4. Architekturzielbild definieren: Soll ein zentraler Datensammler pro Liegenschaft als Drehkreuz etabliert werden und welche Anforderungen an Offenheit und Sicherheit muss er erfüllen?
  5. Verträge und Ausschreibungen anpassen: Offene Schnittstellen, Mehrfachnutzung von Zählerdaten und Verzicht auf proprietäre Cloudpflichten explizit fordern.
  6. Pilotobjekte wählen: In einer oder zwei Liegenschaften testen, wie gut ein Datensammler Zähler- und Sensordaten bündelt und gleichzeitig Abrechnung, GLT und Energiemanagement versorgt.

Praxisnutzen: Ein Gerät, mehrere Welten

Ein typisches Szenario könnte in der Wohnungswirtschaft so aussehen:

  • In einem Quartier werden Strom-, Wärme- und Wasserzähler per M-Bus bzw. wM-Bus/OMS angebunden, ergänzt um Temperatur- und Feuchtesensoren in kritischen Gebäudeteilen.
  • Ein solvimus-Datensammler (z. B. MUC.easy plus) liest diese Daten ein und:
    • erzeugt monatlich CSV-Dateien für den Abrechnungsdienst,
    • liefert täglich aggregierte Verbräuche via MQTT(S) in eine Energiemanagementplattform,
    • stellt im 15-Minuten-Raster Leistungswerte als BACnet-Objekte für die GLT bereit.

Statt getrennten Strukturen für Abrechnung, Technik und Energiemanagement entsteht ein gemeinsamer Datenhub. Das reduziert Hardware, Projektaufwand und Fehlerquellen und macht künftige Systemwechsel handhabbarer.


Fazit

Der Auftritt von Remo Reichel zeigt: Die nächste Ausbaustufe der Digitalisierung in der Wohnungswirtschaft entscheidet sich nicht nur an Funkstandards oder Gateway-Modellen, sondern an der Frage, wie Zählerdaten im Gebäude organisiert werden. Mit seinem Claim „Zählerdaten: Jede Quelle. Jeder Zielpunkt. Keine Abhängigkeit.“ und einem Datensammler wie dem MUC.easy plus positioniert sich solvimus als Anbieter eines neutralen Datenhubs in der Liegenschaft.

Für die Wohnungswirtschaft eröffnet das die Möglichkeit, Zählerdaten als gemeinsame Ressource zu betrachten, statt als isolierten Pfad in Richtung Messdienst. Wer diesen Schritt geht, schafft die Grundlage, um Pflichtaufgaben wie die Abrechnung effizient zu erfüllen und gleichzeitig neue datengetriebene Anwendungen aufzubauen, ohne sich frühzeitig festzulegen.


Das Wichtigste auf einen Blick

  • Ausgangslage: Zähler- und Sensordaten werden für Gebäude- und Liegenschaftsbetrieb immer wichtiger – von Heiz- und Betriebskostenabrechnung bis hin zu Energiemanagement, ESG und Gebäudeleittechnik.
  • Problem: Unterschiedliche Zählertypen, Hersteller und Medien (Strom, Wärme, Wasser, Gas etc.) sowie viele Protokolle (M-Bus, Modbus, Funk/OMS, Impuls) treffen auf stark voneinander abweichende Anforderungen der Zielsysteme.
  • Interessenten an den Daten: Neben klassischen Mess- und Abrechnungsdiensten benötigen GLT, Energiemanager, Industrie- und Gewerbekunden die Daten – oft mit höherer Auflösung und zusätzlichen Messgrößen.
  • Ansatz von solvimus: Ein Datensammler wie z. B. das gezeigte MUC.easy plus, der verschiedenste Zähler und Sensoren einliest und die Daten parallel an viele Zielsysteme liefert: CSV/FTP oder E-Mail für die Abrechnung, MQTT(S) oder HTTP/REST für die Cloud, Modbus oder BACnet/SC für die Gebäudeautomation.
  • Leitbild laut Präsentation:Jede Quelle. Jedes Ziel. Keine Abhängigkeit.“ Zähler- und Sensordaten aus einer Infrastruktur, ohne proprietäre Cloud und ohne Hersteller-Lock-in.
  • Nutzen für die Wohnungswirtschaft: Ein zentraler Datenhub im Gebäude reduziert Integrationsaufwand, vermeidet Datensilos und schafft mehr Unabhängigkeit in der Wahl von Messdienst, Plattformen und Abrechnungspartnern.

Glossar / Begriffserklärungen

  • Zählerdaten
    Messwerte aus Verbrauchszählern (Strom, Wärme/Kälte, Wasser, Gas) sowie Daten aus Heizkostenverteilern und ergänzender Sensorik (Temperatur, Feuchte, Bewegung).
  • Datensammler / Datenhub
    Gerät im Gebäude, das Daten aus verschiedenen Zählern und Sensoren einsammelt, aufbereitet und über unterschiedliche Protokolle an mehrere Zielsysteme verteilt.
  • M-Bus / wM-Bus / OMS
    M-Bus: kabelgebundener Busstandard zur Zählerauslesung. wM-Bus: Funkvariante. OMS (Open Metering System) definiert herstellerübergreifende Standards für strukturierte Zähler- und Sensordaten, die auch in der solvimus-Präsentation als Basis erwähnt werden.
  • GLT (Gebäudeleittechnik)
    Zentrales System zur Überwachung und Steuerung technischer Anlagen eines Gebäudes (Heizung, Lüftung, Klima, Beleuchtung, Aufzüge etc.).
  • Modbus
    Einfaches Kommunikationsprotokoll aus der Automatisierungstechnik, häufig genutzt, um Messwerte zwischen Feldgeräten und Leitsystemen zu übertragen.
  • BACnet / BACnet/SC
    Standardprotokoll für Gebäudeautomation. BACnet/SC (Secure Connect) ist die abgesicherte, IP-basierte Weiterentwicklung mit Fokus auf IT-Sicherheit.
  • MQTT / MQTTS
    Leichtgewichtiges Protokoll nach dem Publish/Subscribe-Prinzip, häufig für IoT- und Cloudanwendungen genutzt. MQTTS bezeichnet die verschlüsselte Variante.
  • CSV, FTP, HTTP/REST
    CSV (Comma Separated Values) ist ein Tabellenformat. FTP dient zur Dateiübertragung. HTTP/REST beschreibt Webschnittstellen, über die strukturierte Daten (z. B. JSON, XML) ausgetauscht werden – zentrale Bausteine moderner Cloudanbindungen.

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Autor: Redaktion Wohnungswirtschaft Heute – HEIKOM-Sonderausgabe Startups 2025

Foto: DEUMESS – Frank Schütze / Fotografie Kranert

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