„Wir sind die Heizungsjungs“. Thomas Filkorn, Chief Revenue Officer von Green Fusion, positioniert das Unternehmen klar: Spezialisten, die sich ausschließlich um den Heizungskeller kümmern. Abrechnung, Submetering oder Messstellenbetrieb überlassen sie bewusst anderen Akteuren; Ziel ist, mit einer fokussierten Lösung die Effizienz bestehender Heiz- und Energiesysteme im Bestand zu erhöhen.
Der Vortrag fügt sich in das Panelthema ein: „Gebäude werden digital – was machen wir mit den Daten?“ Green Fusion beantwortet diese Frage mit einem Energiemanagementsystem, das den Heizungskeller zum digitalen Knotenpunkt macht, inklusive Optimierung, Fernzugriff und Einbindung verschiedener Wärmeerzeuger.
Die zentralen Herausforderungen
1. Ineffiziente Standardanlagen
Filkorn verweist auf eine zentrale Kennzahl: 64 % der Heizungsanlagen laufen nach Einschätzung des Unternehmens ineffizient, viele mit unveränderten Werkseinstellungen. Beschwerden von Mieter:innen („Heizung zu kalt/zu warm“) führen in der Praxis oft dazu, dass Wartungsunternehmen die Vorlauftemperatur „auf Verdacht“ erhöhen. Zulasten der Energiekosten.
2. Wachsende Komplexität im Keller
Neben klassischen Kesseln kommen zunehmend Wärmepumpen, Fernwärme-Übergabestationen, PV-Anlagen mit Speicher, E-Mobilität und Sektorkopplung dazu. Im Vortrag wird deutlich: Jedes System für sich ist beherrschbar, in Kombination entsteht jedoch ein hohes Maß an Komplexität, besonders, wenn keine durchgängige Steuerung vorhanden ist.
3. Fehlende Digitalisierung des Heizungskellers
Viele Bestände verfügen zwar über digitale Zähler und Sensorik, aber nicht über ein integriertes Energiemanagement. Daten werden lokal angezeigt, selten systematisch ausgewertet oder zur automatisierten Optimierung genutzt.
4. GEG-Pflichten und Dokumentation
Mit dem Gebäudeenergiegesetz kommen neue Prüf- und Optimierungspflichten (z. B. Heizungscheck, laufende Optimierung). Für Verwalter und Bestandshalter stellt sich die Frage, wie diese Anforderungen mit vertretbarem Aufwand und prüfbarer Dokumentation erfüllt werden können.
5. Heterogene Anlagenparks
„Kein Keller ist wie der andere“ – dieser Satz aus der Präsentation beschreibt den Alltag vieler Wohnungsunternehmen: Unterschiedliche Hersteller, Baujahre und Modernisierungszustände erschweren standardisierte Lösungen.
Der Lösungsansatz
Green Fusion beschreibt seine Lösung als „digitalen Heizungskeller, der mehr kann“: eine Plattform, die Heizungsanlagen verschiedener Hersteller und Technologien vernetzt, überwacht und optimiert.
1. Fokus auf den Heizungsraum
Im Unterschied zu breiteren Plattformansätzen betont Filkorn den klaren Fokus:
- keine eigene Abrechnung oder Submetering-Suite,
- kein Messstellenbetrieb,
- sondern Spezialisierung auf Steuerung, Optimierung und Transparenz der Heizanlagen.
Damit versteht sich Green Fusion eher als Ergänzung zu Mess- und Abrechnungsdienstleistern denn als Konkurrenz.
2. Breite Unterstützung von Systemen und Herstellern
Auf der Leistungsfolie hebt Green Fusion hervor, dass alle gängigen Anlagenarten eingebunden werden können:
- Gasheizungen,
- Fernwärme,
- Wärmepumpen,
- Hybridanlagen,
- Blockheizkraftwerke,
- Sektorkopplung aus PV, Speichern und Wärmepumpen.
Die Steuerung erfolgt über eine Gebäudeautomation, die laut TÜV-Zertifikat Anforderungen des GEG erfüllt.
3. Digitales Energiemanagement statt Einzeleinstellung
Die Plattform soll:
- Betriebsdaten kontinuierlich erfassen,
- Rücklauftemperaturen und Taktverhalten optimieren,
- Spitzenlasten prognostizieren und reduzieren,
- Verluste im Verteilnetz minimieren,
- Quellenmanagement (z. B. bei Wärmepumpen & PV) ermöglichen.
Eine zentrale Oberfläche erlaubt Fernzugriff auf alle angebundenen Heizkeller – wichtig für technische Dienste und externe Dienstleister.
4. TÜV-Zertifizierung und GEG-Bezug
Green Fusion weist auf zwei Punkte hin:
- Die Lösung erfüllt laut TÜV die Vorgaben an eine Gebäudeautomationslösung nach § 71a GEG.
- Gleichzeitig soll sie die nach § 60b GEG verpflichtende Heizungsoptimierung abdecken.
Für Wohnungsunternehmen kann das bedeuten, dass mit einer Installation sowohl Effizienz als auch regulatorische Anforderungen adressiert werden, was allerdings im Einzelfall zu prüfen ist.
Warum das wichtig ist
Die Dekarbonisierung der Bestände wird ohne digitale Steuerung im Heizungskeller schwer zu erreichen sein. Mehr Technik bedeutet mehr Stellschrauben, aber auch ein hohes Risiko, dass Anlagen auf Sicherheits- statt Effizienzniveau betrieben werden.
Green Fusion setzt hier an:
- Effizienz: Durchschnittliche Einsparwerte von 16–25 % (je nach Systemtyp) können, falls sie im eigenen Bestand bestätigt werden, einen spürbaren Beitrag zu Betriebskosten- und CO₂-Reduktion leisten.
- Regulatorik: Eine anerkannte Gebäudeautomation erleichtert die Erfüllung von GEG-Pflichten und verbessert potenziell Kennwerte im Bedarfsausweis –, in Thema, das Banken und Investoren zunehmend interessiert.
- Transparenz: Zentralisierte Daten und Fernzugriff erleichtern technisches Asset Management und ermöglichen belastbare Benchmarking-Ansätze über das Portfolio hinweg.

Einordnung für die Wohnungswirtschaft
Wo passt Green Fusion?
- Bestände mit heterogenen Heizungsanlagen, in denen Effizienz und GEG-Pflichten gleichzeitig adressiert werden sollen.
- Unternehmen, die Abrechnung und Messwesen bereits mit etablierten Dienstleistern abdecken und eine spezialisierte Ergänzung im Heizkeller suchen.
- Portfolios, in denen Sektorkopplung – etwa PV plus Wärmepumpe – zunehmen soll und ein übergreifendes Energiemanagement fehlt.
Chancen
- Energieeinsparung bei Bestandsanlagen ohne sofortige Großinvestitionen,
- Dokumentierbare Optimierung im Sinne des GEG,
- bessere Datengrundlage für Entscheidungen zu Sanierung, Umrüstung oder Contracting.
Fragestellungen und Grenzen
- Wie gut lassen sich bestehende Anlagen wirklich anbinden – insbesondere ältere Regelungen?
- Wie werden Wartungsverträge, Betreiberpflichten und Verantwortlichkeiten neu geordnet, wenn Fernzugriff und Automatisierung im Spiel sind?
- Inwieweit lassen sich die im Vortrag genannten Einsparwerte im eigenen, individuellen Bestand reproduzieren?
Was jetzt zu tun ist
Checkliste für Verwalter:innen und technische Entscheider:innen
- Anlagenbestand erfassen
- Welche Erzeuger (Gas, Fernwärme, WP, BHKW, Hybrid) sind vorhanden?
- Wo gibt es bereits Probleme mit Effizienz, Rücklauftemperaturen oder Nutzerbeschwerden?
- Digitalisierungsgrad prüfen
- Welche Daten liegen heute vor und wie werden sie genutzt?
- Gibt es bereits Gebäudeautomation oder nur Einzelregelungen?
- Pilotobjekte definieren
- 5–10 Liegenschaften mit unterschiedlichen Systemen (z. B. Fernwärme, WP, Gas) eignen sich, um Wirkung und Aufwand einzuschätzen.
- GEG- und Förderperspektive einbeziehen
- Mit interner oder externer Fachberatung prüfen, inwieweit eine Gebäudeautomationspflicht bzw. -option besteht und wie Lösungen wie Green Fusion dazu beitragen können.
- Schnittstellen klären
- Wie wird die Plattform mit bestehender Mess- und Abrechnungsinfrastruktur verzahnt?
- Wer bekommt Fernzugriff? Interne Technik, externe Dienstleister, Contractoren?
- Wirtschaftlichkeit bewerten
- Einsparpotenzial (Energie, CO₂) vs. Investitions- und laufende Kosten durchrechnen,
- Effekte auf Bedarfsausweise und Finanzierungsgespräche berücksichtigen.
Praxisnutzen / Beispiele aus der Präsentation
Auf einer Anwendungsfallfolie zeigt Green Fusion typische Einsparwerte im Betrieb:
- Gaskessel: Ø 16 % Einsparung u. a. durch Reduktion der Rücklauftemperaturen, Verbesserungen im Nutzungsgrad und optimiertes Taktverhalten.
- Fernwärme: Ø 16,5 % Einsparung u. a. durch Prognose und Reduktion von Spitzenlasten, Optimierung der Anschlussleistung und geringere Verluste im Verteilnetz.
- Wärmepumpe: Ø 18 % Einsparung durch Quellenmanagement und Ermittlung optimaler Einsatzzeiten.
- PV & Wärmepumpe: Ø 25 % Einsparung durch intelligente Kopplung von Strom- und Wärmeerzeugung sowie aktives Speichermanagement.
- Blockheizkraftwerk: Ø 16 % Einsparung durch optimierte Einsatzzeiten und bedarfsgerechte Wärme- und Stromproduktion.
Diese Werte sind als Orientierungsgrößen zu verstehen. Sie zeigen, wo Green Fusion die Hebel sieht, ersetzen aber nicht die Wirtschaftlichkeitsprüfung im Einzelfall.
Fazit
Der Vortrag von Thomas Filkorn macht deutlich: Der Heizungskeller rückt im Zuge der Energiewende ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Green Fusion adressiert diesen Raum mit einem klaren, spezialisierten Ansatz: digitalisieren, optimieren, fernsteuern. Dabei knüpft er explizit an die Anforderungen des Gebäudeenergiegesetzes an.
Für die Wohnungswirtschaft bietet der „digitale Heizungskeller“ die Chance, Effizienzsteigerung, Regulierung und Datenbereitstellung miteinander zu verbinden. Ob Green Fusion oder ein anderer Anbieter: Entscheidend wird sein, welche Lösung sich im eigenen Bestand technisch anbinden lässt, wie sie sich in bestehende Partnerlandschaften einfügt und ob die versprochenen Einsparungen auch in der Praxis belastbar sind.
Das Wichtigste auf einen Blick
- Laut Green Fusion laufen rund 64 % der Heizungsanlagen ineffizient, viele sogar noch auf Werkseinstellung.
- Green Fusion konzentriert sich ausschließlich auf den „digitalen Heizungskeller“: Datenerfassung, Optimierung und Fernzugriff für Heiz- und Energiesysteme im Bestand.
- Die Lösung ist TÜV-zertifiziert als Gebäudeautomation; laut Anbieter werden damit Anforderungen aus dem Gebäudeenergiegesetz (u. a. § 60b und § 71a GEG) adressiert.
- Unterstützt werden unterschiedliche Wärmeerzeuger: Gas, Fernwärme, Wärmepumpen, Hybridanlagen, BHKW sowie PV-Wärmepumpen-Kopplungen.
- In Praxisprojekten werden je nach System durchschnittliche Einsparungen zwischen 16 und 25 % angegeben.
- Green Fusion arbeitet mit über 150 Kunden der Wohnungswirtschaft und betreibt nach eigenen Angaben mehr als 3.000 Anlagen digital. Für die Wohnungswirtschaft interessant: Kombination aus Effizienzgewinn, Erfüllung regulatorischer Pflichten und besserer Datenbasis für Finanzierung und Dekarbonisierungsstrategien.
Glossar
- Digitaler Heizungskeller
Sammelbegriff für die digitalisierte, fernüberwachte und automatisiert gesteuerte Heizzentrale eines Gebäudes – häufig inklusive Schnittstellen zu PV, Speicher und E-Mobilität. - Gebäudeautomation nach GEG (§ 71a)
Technische Systeme, die Heizen, Kühlen, Lüften und ggf. weitere Anlagen automatisch steuern und überwachen; können Anforderungen des Gebäudeenergiegesetzes erfüllen und Optimierungspflichten abdecken. - Heizungsoptimierung nach § 60b GEG
Gesetzlich geforderte Überprüfung und Optimierung von Bestandsheizungen, u. a. hinsichtlich Effizienz, Regelung und Temperaturführung. - Sektorkopplung
Verknüpfung verschiedener Energiesektoren – z. B. Strom (PV) und Wärme (Wärmepumpe) – mit dem Ziel, erneuerbare Energien besser zu nutzen. - Rücklauftemperatur
Temperatur des Heizungswassers, das aus dem Heizkörper zurück in die Heizzentrale fließt. Niedrige Rücklauftemperaturen verbessern häufig die Effizienz, insbesondere bei Fernwärme und Brennwerttechnik. - Spitzenlast
Kurzzeitige Lastspitzen im Energiebedarf, die zu hohen Leistungsentgelten oder ineffizientem Anlagenbetrieb führen können. - Quellenmanagement
Steuerung und Priorisierung unterschiedlicher Wärmequellen (z. B. Umweltwärme, Netz, Speicher), um Kosten und Effizienz zu optimieren.
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Autor: Redaktion Wohnungswirtschaft Heute – HEIKOM-Sonderausgabe 2025
Foto: DEUMESS – Frank Schütze / Fotografie Kranert



