Während Deutschland im politischen Sommerloch versinkt, liefern sich Politiker und Lobbygruppen ein erbittertes Schaulaufen zu Bürgergeld, Rente mit 70, Wärmepumpe und angeblich „goldenem“ Gas. Statt Orientierung gibt es kleinteilige Wortgefechte und wechselnde Botschaften – und die Menschen vor Ort bleiben verunsichert. Die Bundesregierung muss endlich mit einer Stimme sprechen, sich an den Koalitionsvertrag halten und sich um das kümmern, was wirklich zählt: bezahlbaren Wohnraum und planbare Rahmenbedingungen für die Energiewende im Gebäudebereich.
„Wer heute investieren will, braucht einfache, verständliche und verlässliche Rahmenbedingungen – keine neuen Stolperfallen“, mahnt Michael Hilpert, Präsident des Zentralverbands Sanitär Heizung Klima (ZVSHK). Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) sei überfrachtet, praxisfern und müsse dringend entschlackt werden. Statt zu diktieren, welches Heizgerät erlaubt ist, müsse das Ziel im Vordergrund stehen: weniger CO₂ – technologieoffen und flexibel.
Wärmemarkt zwischen Ideologie und Realität
Die Dämonisierung der Wärmepumpe auf der einen Seite und das Schönreden der Gasheizung auf der anderen helfen niemandem. Hilpert stellt klar: „Die Behauptung, der ZVSHK wolle zurück zur Gasheizung, ist fachlich unhaltbar. Wir fordern keinen Rückschritt, sondern einen praxisnahen Weg nach vorn.“ Das SHK-Handwerk habe das Know-how, die Kapazitäten und die Technologien, um Klimaschutz im Gebäudebereich zu realisieren. Was fehle, sei Planungssicherheit – nicht ständig wechselnde Vorgaben.
Hybride Lösungen, die bestehende Heizsysteme mit erneuerbaren Energien wie Solarthermie oder Wärmepumpen kombinieren, könnten heute schon messbar CO₂ sparen. Doch dafür brauche es Förderungen, die einfach und unbürokratisch funktionieren – und ein politisches Umfeld, das Vertrauen statt Verunsicherung schafft.
Zahlen statt Bauchgefühl
Dass die Wärmepumpe langfristig oft günstiger ist als eine Gasheizung, belegt die Verbraucherschutzorganisation Finanztip: Eine neue Gasheizung kostet über ihre Lebensdauer inklusive CO₂-Preisbelastung rund 25.500 Euro – deutlich mehr als viele glauben. Eine geförderte Wärmepumpe kann dagegen schon ab 15.000 Euro netto realisiert werden und ist zukunftssicher. „Wer nur auf den Einstiegspreis schaut, entscheidet sich womöglich für die langfristig teurere Option“, warnt Finanztip-Expertin Sandra Duy.
Wohnungsbau in der Bürokratiefalle
Während der Wärmemarkt um Orientierung ringt, steht der Wohnungsbau weiter auf der Bremse. Hunderttausende bezahlbare Wohnungen fehlen – und ein neues „Vergabebeschleunigungsgesetz“ der Bundesregierung droht, die Lage noch zu verschärfen. „Was als Beschleunigung angekündigt wurde, erweist sich in Wahrheit als weiterer Bremsklotz“, kritisiert Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft (GdW).
Gerade das serielle und modulare Bauen, ein Schlüssel für Tempo und Kosteneffizienz, werde durch starre Vorgaben bei der Losvergabe behindert. Gesamtvergaben, die in vielen Fällen sinnvoll und effizient wären, sollen nicht mehr möglich sein. Der GdW fordert eine echte Reform des Vergaberechts – einfach, praxistauglich und im Sinne des Koalitionsvertrags.
Politik muss liefern, nicht polarisieren
Das Land kann sich kein politisches Sommertheater leisten. Der Klimaschutz im Gebäudesektor, die Wärmewende und der soziale Wohnungsbau sind keine Themen für Schlagzeilen-Pingpong, sondern erfordern klare, abgestimmte und verlässliche Entscheidungen.
Der Ball liegt jetzt bei der Bundesregierung: weg von ideologischen Schützengräben, hin zu technologieoffenen, bezahlbaren und praxisgerechten Lösungen – und zwar sofort. Wer weiter Zeit verspielt, verspielt Vertrauen und gefährdet die Klimaziele ebenso wie die soziale Wohnungsversorgung.
August 2025, Ausgabe Nummer 203, Wohnungswirtschaft heute., mit neuen Inhalten.
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Wer nur auf den Einstiegspreis schaut, entscheidet sich für die langfristig teurere Variante. Da ist die Wärmepumpe die günstigere Option. Foto: Wohnungswirtschaft heute.de / GW
Fast die Hälfte aller neuen Heizungen waren im ersten Quartal 2025 Gasheizungen (48 Prozent) – eine oft teure Kostenfalle: Eine neue Gasheizung im Einfamilienhaus kostet auf dem Papier oft nur rund 8.000 Euro. Ein scheinbar attraktives Angebot.
Doch eine aktuelle Berechnung des Geldratgebers Finanztip zeigt: Über 20 Jahre gerechnet summieren sich die tatsächlichen Kosten des Modells Gasheizung auf über 25.500 Euro – mehr als das Dreifache des Anschaffungspreises. Grund dafür sind vor allem die steigenden CO₂-Kosten. Sie sind im Kaufpreis nicht sichtbar, verteuern aber fossiles Heizen langfristig stark.
Grafik: Finanztip Verbraucherinformation GmbH
„Was auf dem Preisschild der Gasheizung fehlt, sind die CO₂-Kosten der nächsten 20 Jahre – bis sie nach dem Gebäudeenergiegesetz 2045 außer Betrieb gehen muss“, warnt Sandra Duy, Expertin für energetisches Sanieren bei Finanztip. „Diese belaufen sich laut unserer Berechnung auf rund 17.500 Euro zusätzlich.“ Damit liegt der reale Preis einer neuen Gasheizung nicht bei 8.000, sondern bei etwa 25.500 Euro.
Mehrkosten machen fossiles Heizen noch teurer
Und das sind nur die direkten CO₂-Kosten. „Es gibt weitere Kostentreiber, die die tatsächliche Kostenbelastung für neue Gasheizungen zusätzlich in die Höhe treiben“, so Duy. Nicht berücksichtigt sind mögliche Belastungen wie: steigende Netzentgelte für Gas, weil immer weniger Gaskunden sich die Netzkosten teilen müssen oder die seit 2024 geltende Pflicht zur Beimischung von Biogas für neue Gasheizungen.
Wärmepumpe spart 10.500 Euro gegenüber Gasheizung
Im Vergleich dazu kostet eine Wärmepumpe im Einfamilienhaus zwar oft rund 30.000 Euro brutto. Doch staatliche Förderungen senken diesen Betrag deutlich: Für die meisten Eigenheimbesitzer sind 50 Prozent Förderung realistisch. Haushalte mit niedrigem Einkommen erhalten sogar bis zu 21.000 Euro Zuschuss.
Nach Abzug der Förderung kostet die Wärmepumpe im Beispiel nur noch 15.000 Euro netto – deutlich günstiger als die reale Belastung durch eine Gasheizung. „Wer nur auf den Einstiegspreis schaut, entscheidet sich womöglich für die langfristig teurere Option“, warnt Duy. „Mit Förderung ist die Wärmepumpe meist günstiger als gedacht – und vor allem zukunftssicher.“
So hat Finanztip gerechnet
Finanztip hat die Kosten einer neuen Gasheizung inklusive der CO₂-Kosten über 20 Jahre berechnet und ihnen die Kosten für eine geförderte Wärmepumpe gegenübergestellt. Grundlage sind reale Verbrauchswerte und CO₂-Preisszenarien aus dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Ariadne-Projekt. Wärmepumpen werden mit bis zu 70 Prozent der Kosten gefördert, wobei für die meisten Eigenheimbesitzer eine Förderung von 50 Prozent realistisch ist. Um die langfristigen CO₂-Kosten realistisch vergleichen zu können, wurden sie in heutiger Kaufkraft berechnet.
Quellen: https://www.bdh-industrie.de/presse // Finanztip-Berechnung // Ariadne-Projekt // Der Stromverbrauch der Wärmepumpe ist in dieser Betrachtung nicht aufgeführt, da hierfür keine CO₂-Kosten anfallen. Weitere Betriebskosten bleiben unberücksichtigt // Bei Nutzung von Strom aus 100 Prozent erneuerbaren Energiequellen // http://www.finanztip.de
Agora Energiewende und Fraunhofer IEE (2025); in realen Preisen (2020)
Deutschland kann bis 2045 klimaneutral heizen und wohnen – ohne die sozialen Spannungen auf dem Wohnungsmarkt zu verschärfen. Beides gelingt allerdings nur, wenn die Bundesregierung die bisher veranschlagten Fördersummen auch weiterhin für die Wärmewende bereitstellt und gezielter verteilt – und nicht, wie im Haushaltsentwurf 2026 vorgesehen, Kürzungen vornimmt.
Wie die bisherigen Haushaltsmittel deutlich wirksamer für den Klimaschutz eingesetzt werden können, zeigt eine neue Studie von Agora Energiewende. Mithilfe eines agentenbasierten Modells hat die Denkfabrik Investitionsentscheidungen von Hauseigentümer:innen unter verschiedenen Rahmenbedingungen simuliert.
Das Ergebnis: Ein ausgewogener Mix an Klimaschutzmaßnahmen sorgt dafür, dass Hausbesitzerinnen und -besitzer bis 2040 den Großteil der erforderlichen Investitionen in klimaneutrale Heizsysteme und Gebäudesanierungen tätigen. Dadurch können bis 2030 zehn Millionen Tonnen CO₂ zusätzlich eingespart werden und der Sektor wird bis 2045 klimaneutral. Gleichzeitig werden Verbraucherinnen und Verbraucher unabhängig von fossilen Brennstoffen und können sich so gegen Preissprünge bei Heizöl und Gas absichern.
Laut der Studie sind vier Hebel zentral, um eine sozialverträgliche Wärmewende zu erreichen: Der Ausbau von Strom- und Wärmeverteilnetzen – parallel zum schrittweisen Ausstieg aus den Gasverteilnetzen, die gezielte Förderung für die Sanierung sehr ineffizienter Gebäude und von Hauseigentümer:innen mit wenig Kapital, klare Vorgaben für den Heizungstausch, und ein attraktives Strom-Gaspreis-Verhältnis.
„Die bisherigen Klimaschutzmaßnahmen für Gebäude senken die Emissionen zu spät und zu wenig“, sagt Julia Bläsius, Direktorin von Agora Energiewende Deutschland. Bläsius verweist dabei auch auf den Bundesrechnungshof, der jüngst die Effizienz der über den Klima- und Transformationsfonds (KTF) finanzierten Maßnahmen in Frage gestellt hat. „Unsere Studie zeigt: Mit einer Umschichtung der Fördermittel kann die Bundesregierung deutlich mehr Emissionseinsparungen und sozialen Ausgleich erreichen als bisher.“
Die derzeitige Förderstruktur lasse Chancen für den Klimaschutz ungenutzt: „Für den Erfolg der Wärmewende ist es entscheidend, dass die Gebäudeförderung gezielter eingesetzt wird. Kürzungen, wie im Haushaltsentwurf für 2026 vorgesehen, senden allerdings das falsche Signal – sowohl an Haushalte als auch an Handwerk und Bauwirtschaft.“
Förderung umschichten – und damit mehr CO₂ einsparen
Kern einer effizienteren Förderkulisse ist laut der Agora-Studie, dass der Staat gezielt die klimaneutrale Modernisierung von sehr ineffizienten Gebäuden und besonders bedürftige Haushalte unterstützt. Dafür ist eine konsequente Staffelung der Fördersätze für Sanierung und Heizungstausch nach Einkommen erforderlich. Zugleich braucht es einen verbesserten Zugang zu günstigen Krediten oder Leasingprogrammen von klimaneutralen Heizungen für Hausbesitzerinnen und -besitzer mit kleinem Einkommen. Bei den einkommensschwächsten Haushalten kann die Förderrate nahezu 100 Prozent betragen.
Die Mittelvergabe über die Bundesförderung Effiziente Gebäude (BEG) sollte entsprechend nicht mehr wie bisher auf einen möglichst hohen Effizienzstandard, sondern auf möglichst große Effizienzgewinne abzielen. „Bei den Häusern, bei denen am meisten Wärme verloren geht, lässt sich mit den gleichen Mitteln mehr für den Klimaschutz erreichen“, betont Bläsius.
Damit Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümer ihre Häuser auf klimaneutrale Heizsysteme umstellen können, formuliert Agora drei weitere Voraussetzungen:
Ausbau der Wärme- und Strominfrastruktur durch die verlässliche Umsetzung der kommunalen Wärmeplanung sowie die schrittweise Stilllegung der Gasverteilnetze
Erhalt der klaren Erneuerbaren-Vorgaben für den Heizungstausch bei gleichzeitiger Vereinfachung des Gebäudeenergiegesetzes
Ein attraktives Strom-Gaspreis-Verhältnis. Dies gelingt kurzfristig über Entlastungen bei Stromsteuer und Netzentgelten sowie langfristig vor allem über den konsequenten Ausbau von Wind- und Solarenergie.
Neben einer bedarfsgerechteren Verteilung der Förderung betont Agora Energiewende die Notwendigkeit, Sanierungsanreize für Vermietende zu schaffen und Mietende vor übermäßigen Kostensteigerungen zu schützen. Das lässt sich etwa durch eine zusätzliche Option für Vermietende erreichen: Wenn diese den Kaltmietenanstieg begrenzen, bekommen sie im Gegenzug eine höhere Förderung, die sie nicht mehr an Mietende durchleiten müssen. Individuelle Härtefälle kann der Staat zusätzlich über sozialpolitische Maßnahmen abfedern.
Private Investitionen hebeln und Haushalte mit kleinem Einkommen stärken
Die Agora-Studie simuliert die Investitionsentscheidungen verschiedener Akteure – von Wohnungsunternehmen bis Hauseigentümer:innen – neben dem oben beschriebenen Politikmix-Szenario noch in drei weiteren Varianten: Ein Szenario schreibt die aktuellen Rahmenbedingungen fort („Weiter so“-Szenario), ein weiteres setzt vorranging auf die Wirkung von CO₂-Preisen („Markt“-Szenario), ein drittes erzielt Emissionsminderungen hauptsächlich über ordnungsrechtliche Vorgaben („Ordnungsrecht“-Szenario).
Die Simulationen zeigen, dass die Klimaneutralität im Gebäudebereich bis 2045 sowohl bei einem „Weiter so“ als auch im Szenario mit hohen CO₂-Preisen verfehlt wird – denn Hausbesitzer:innen fehlen Anreize für Heizungstausch und Sanierung. Das Szenario mit strengen gesetzlichen Vorgaben erreicht zwar die Klimaziele bis 2045, allerdings zeigt die Agora-Modellierung, dass dies mit hohen Kosten für Eigentümerinnen und Eigentümer verbunden ist.
„Ein ausgewogener Politikmix ermöglicht klimaneutrales Wohnen für alle Haushalte und schafft Planungssicherheit für Heizungshersteller und Handwerk“, sagt Agora-Direktorin Julia Bläsius. Die technologischen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Wärmewende seien so gut wie nie zuvor. „Die Bundesregierung sollte alle Hausbesitzenden in die Lage versetzen, ihre Immobilie klimaneutral zu modernisieren.“
Friedrich Geschwinder studierte als gebürtiger Hannoveraner Rechtswissenschaften an der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover. Im Rahmen seines Referendariats beim Oberlandesgericht Celle absolvierte er unter anderem eine Station in der Liegenschaftsabteilung der Klosterkammer Hannover. Seit 2024 unterstützt Rechtsanwalt Friedrich Geschwinder das Team von Koenen Bauanwälte am Standort Hannover und ist hier vorwiegend im Bereich des öffentlichen Baurechts tätig. Foto: www.bauanwaelte.de.
Eine Betrachtung mit Berliner Perspektive von Friedrich Geschwinder
Der jüngst vom Bundeskabinett verabschiedete „Bau-Turbo“ verspricht in erster Linie eins: Erleichterungen für Bauherren und alle, die es werden wollen. Mit ihm soll Wohnbebauung in Einzelfällen auch ohne Bebauungsplan möglich und Nachverdichtung sowie Wohnen im Außenbereich einfacher werden. Die Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen verspricht eine Reduzierung der Planungszeit für den Wohnungsbau von fünf Jahren auf zwei Monate.
Doch setzt die neue Regierung hier an der richtigen Stelle an? Anfang 2024 formulierten die Bundesarchitektenkammer und der Bund Deutscher Architektinnen und Architekten zusammen mit verschiedenen Umwelt- und Sozialverbänden einen Appell gegen die Einführung des damals noch von der Ampel-Regierung geplanten Bau-Turbos. Der Rückgang von Wohnungsneubauten habe nichts mit zu strengen Anforderungen der Baugesetze zu tun, so die Kernaussage. So seien zum Zeitpunkt des Appells erteilte Baugenehmigungen für fast 900.000 Wohneinheiten ungenutzt. Grund für das reduzierte Neubauvolumen seien damit nicht zu wenig erteilte Baugenehmigungen, sondern zu wenig genutzte Baugenehmigungen.
Gerade in Berlin zeigt sich dieses Paradoxon besonders deutlich. Laut Berliner Bauverwaltung wurden allein 2023 über 21.000 Wohnungen genehmigt, von denen ein erheblicher Teil bisher nicht realisiert wurde. Die Gründe dafür liegen tief in der Struktur der Bauprozesse sowie und im Spannungsfeld zwischen politischem Willen, wirtschaftlicher Realität und gesellschaftlichem Widerstand.
Baukosten steigen
Eine erste große Hürde für Bauherren sind die stetig steigenden Baukosten. Gerade in Berlin hat sich die Situation zugespitzt. Während der Bundesdurchschnitt laut Landesbausparkassen im Jahr 2024 bei bis zu 3.029 EUR pro Quadratmeter liegt, rangieren die durchschnittlichen Baukosten in Berlin laut Baukostenindex des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg sogar bei rund 3.250 EUR pro Quadratmeter.
Neben gestiegenen Material- und Energiekosten wirken sich auch die Preissteigerungen im Handwerk und die Anforderungen an nachhaltiges Bauen auf das Budget aus. Öffentliche Vorgaben wie die Solarpflicht oder höhere Energiestandards sind zwar ökologisch sinnvoll, erhöhen aber zusätzlich den finanziellen Druck. Angesichts der hohen Zinsen geraten viele Berliner Bauherren in Finanzierungsschwierigkeiten, was sich insbesondere bei privaten Bauträgern und kleineren Projektentwicklern zeigt.
Zwar gibt es Landesprogramme wie die „Wohnungsbauoffensive Berlin“, doch hier sind Antragsverfahren komplex und zeitaufwändig. Während auf dem Papier also Baugenehmigungen vorliegen, fehlt vielen Investoren die wirtschaftliche Basis, um ihre Projekte tatsächlich zu starten.
Personalmangel und Bearbeitungs-Slow Motion
Die Herausforderungen enden nicht bei der Finanzierung. In Berlin verzögern sich viele Projekte bereits auf Verwaltungsebene. Während das Baugesetzbuch bundesweit gilt, sind die Genehmigungsverfahren in Berlin besonders langwierig.
Laut einer Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft beträgt die durchschnittliche Bearbeitungszeit für eine Baugenehmigung in Berlin über 8 Monate. Das stellt im Bundesvergleich einen Spitzenwert dar.
Parallel bremst der fortwährende Fachkräftemangel Baufirmen aus. In einer Umfrage der deutschen Industrie- und Handelskammer gaben 2024 53 % der Unternehmen an, Schwierigkeiten bei der Stellenbesetzung zu haben. Im Tiefbau waren es sogar 61 %. Während also im Wohnungsbau die Anzahl der Aufträge für Bauunternehmen in jüngster Vergangenheit gestiegen ist, haben viele Firmen zu wenig Kapazitäten, diese zu bearbeiten. Die Folge sind lange Wartezeiten und Baustopps, die die Fertigstellung bereits genehmigter Bauvorhaben verzögern.
Fällt erst mal ein Bauunternehmen bei der zeitlichen Planung eines Bauvorhabens aus, kann das gesamte Bauvorhaben wie ein Kartenhaus ineinander zusammenfallen. Baustellen stehen temporär still, zusätzliche Unterhaltungskosten fallen an und Bauherren müssen Nachunternehmer kurzfristig zu erhöhten Preisen beauftragen.
Nicht vor meiner Haustür
Ein weiterer Grund für Verzögerung nach erteilter Baugenehmigung sind Streitigkeiten mit Nachbarn.
Seit vielen Jahren versuchen Gemeinden, Wohnraum durch nachträgliche Nachverdichtung von Wohngebieten zu schaffen. Investoren, die auf frei gewordenen Grundstücken große Wohnraumprojekte verwirklichen möchten, werden daher mit offenen Armen empfangen. Doch nicht jeder ist ein Freund der typischen Neubauquartiere mit ihren Tiefgaragen, dunklen Ziegelsteinoptiken und bodentiefen Fenstern. Gerade in Wohngebieten, deren Bebauung zuvor nur von Ein- bis Zweifamilienhäusern geprägt war, haben Nachbarn Bedenken gegen die wortwörtlich aus der Reihe fallenden Großbauprojekte.
Bei einem großen Teil der Mandate von Koenen Bauanwälte im öffentlichen Baurecht handelt es sich um Nachbarklagen. Typische Argumente gegen ein benachbartes Bauprojekt sind Schattenwürfe durch übergroße Gebäude, Erhöhung des Verkehrsaufkommens und hieraus resultierender Lärm und Parkplatzmangel, Einsichtmöglichkeiten in das eigene Grundstück durch künstlich erhöhtes Gelände sowie der befürchtete Verlust des Wertes des eigenen Grundstücks.
Bei einer störenden Baugenehmigung des Nachbarn führt der Widerspruchsweg zunächst zur zuständigen Behörde. Diese muss daraufhin die Baugenehmigung noch einmal auf der Grundlage der Argumente des Nachbarn überprüfen und entscheiden, ob diese noch einmal aufgehoben wird. Wie lange das dauert, hängt stark von der Auslastung und der Personalkraft der jeweiligen Behörde ab. Erfahrungsgemäß ist bei einem anwaltlich begründeten Widerspruch mit Wartezeiten von einem halben bis einem Jahr zu rechnen.
Gibt die Behörde dem Widerspruch nicht statt, kann der Nachbar gegen die Baugenehmigung klagen. Meist übersteigt die Dauer eines Klageverfahrens die Dauer des Widerspruchsverfahren. So geht aus dem Geschäftsbericht des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg aus 2024 hervor, dass die durchschnittliche Verfahrensdauer für allgemeine Klageverfahren der niedersächsischen Verwaltungsgerichte 2023 bei 17 Monaten lag, was mit dem Personalmangel in Hinblick auf Richter begründet wird.
Der Nachbar kann stets beantragen, dass die Baugenehmigung bis zur Entscheidung über deren Rechtmäßigkeit ausgesetzt wird. Über den entsprechenden Antrag wird zwar meist innerhalb einiger Monate entschieden, doch damit ist nicht automatisch das Hauptverfahren vor Behörde oder Gericht aus der Welt.
Natürlich kann der Nachbar trotzdem nach Erteilung der Baugenehmigung mit dem Bau seines Vorhabens beginnen, ohne den Verlauf der Verwaltungs- und Gerichtsverfahren abzuwarten. Doch gerade vor dem Hintergrund steigender Kosten bedeutet dies Risiko.
Alle getätigten Investitionen wären letztlich verloren, wenn die Baugenehmigung nach Baubeginn noch von einem Nachbarn gekippt würde, ohne dass eine neue in Aussicht steht.
Die Genehmigung des Bauvorhabens ist also nur das erste Glied in einer langen Kette von Hürden, die Bauherren nehmen müssen. Es gilt, die Finanzierung fortlaufend sicherzustellen, den Zeitplan mit unterbesetzten Bauunternehmen zu koordinieren und Streitigkeiten mit Nachbarn zu lösen.
Hierfür hat der Bauherr nicht unbegrenzt Zeit. Wird eine Baugenehmigung nicht genutzt, verfällt sie nach drei Jahren. Auf diese Weise sind im Jahr 2024 ca. 29.000 Baugenehmigungen erloschen, wie das Bundesamt für Statistik mitteilte. Das ist der Höchststand seit 2002. Laut Berliner Bauaufsicht waren es allein in Berlin 3.200.
Die Regierung bleibt daher auch neben dem beschlossenen Bau-Turbo in der Pflicht, die Rahmenbedingungen für den Bau zu verbessern. Wenn die Hauptstadt ihre ehrgeizigen Pläne im Wohnungsbau erreichen will, dann braucht es dafür aus meiner Warte digitalisierte, personell aufgestockte Bauämter, vereinfachte Förderzugänge und eine gute Kommunikationskampagnen in beliebten Wohnvierteln, in denen Nachverdichtungen geplant sind.
Nur so kann sichergestellt werden, dass der Bauherr nach erfolgreichem Verfahren mit dem Bau beginnen kann – falls ihm bis dahin noch nicht die Lust dazu vergangen ist.
Axel Gedaschko, Präsident des GdW (Copyright GdW / Urban Ruths)
Zum Kabinettsbeschluss am 6. August 2025 über das sogenannte „Vergabebeschleunigungsgesetz“ erklärt Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW:
„Was als Beschleunigung angekündigt wurde, erweist sich in Wahrheit als weiterer Bremsklotz für den Wohnungsbau in Deutschland. Der Entwurf zum Vergabebeschleunigungsgesetz schafft keine neuen Spielräume – er verengt sie. Statt Klarheit und Entlastung bringt das Gesetz neue bürokratische Hürden, Unsicherheiten und unnötige Dokumentationspflichten bei öffentlichen Aufträgen. Das Gegenteil von dem, was wir dringend brauchen.
Bauen und Wohnen stehen unter enormem Druck: Es fehlen hunderttausende bezahlbare Wohnungen, insbesondere in den Ballungsräumen. Sozial orientierte Wohnungsunternehmen wollen und können schnell und effizient bauen, doch die rechtlichen Rahmenbedingungen setzen ihnen immer neue Grenzen. Gerade das serielle und modulare Bauen – ein entscheidender Hebel für Tempo und Kosteneffizienz – wird durch starre Vorgaben bei der Losvergabe massiv ausgebremst.
Wer das Ziel verfolgt, den Wohnungsbau in Deutschland zu beschleunigen, darf nicht bei der Realität der Baupraxis wegsehen. Gesamtvergaben müssen möglich sein – dort, wo sie technisch, wirtschaftlich oder zeitlich sinnvoll sind. Das neue Gesetz ignoriert diesen Bedarf und behindert damit nachweislich funktionierende Verfahren. So wird kein einziges Wohnungsbauprojekt schneller realisiert.
Der GdW fordert daher eine grundlegende Nachbesserung des Gesetzentwurfs. Der im Koalitionsvertrag vereinbarte Anspruch, das Vergaberecht zu vereinfachen und zu modernisieren, muss eingelöst werden – und zwar praxisnah, zielgerichtet und im engen Dialog mit der Wohnungswirtschaft.
Wir brauchen ein Vergaberecht, das den Wohnungsbau ermöglicht – nicht eins, das ihn weiter erschwert. Es ist Zeit für ein echtes Beschleunigungsgesetz, nicht für ein neues Bürokratiemonster.“
Dr. Susanne Schmitt, Direktorin des Verbandes der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Niedersachsen Bremen. Foto: vdw
Die sozialorientierte Wohnungswirtschaft in Niedersachsen und Bremen schwankt zwischen Hoffen und Bangen. „Der Druck auf die Wohnungsgenossenschaften und die kommunalen Wohnungsgesellschaften bleibt in vielerlei Hinsicht groß: beim Neubau bezahlbarer Wohnungen, bei der klimagerechten und sozialverträglichen Sanierung der Bestände, bei der Entwicklung lebenswerter Quartiere und beim Angebot generationengerechter Wohnangebote“, betonte Dr. Susanne Schmitt, Direktorin des Verbandes der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Niedersachsen Bremen (vdw), am Donnerstag in Hannover.
„Wir erwarten nun von Bund, Ländern und Kommunen umgehend eine klare Schwerpunktsetzung fürs bezahlbare Wohnen, verbindliche kostensenkende Regeln für Neubau und Sanierung sowie eine stabile und zukunftsgerichtete Förderkulisse, die Haushalten mit kleinen und mittleren Einkommen zugutekommt.“
Die Geschäftszahlen der 180 Mitgliedsunternehmen im vdw zeichnen ein differenziertes Bild: Während die Gesamtinvestitionen im Jahr 2024 deutlich auf knapp 1,3 (2023: 1,2) Milliarden Euro gestiegen sind, deutet sich für das laufende Jahr wieder ein spürbarer Rückgang auf ca. 1,1 Milliarden Euro ab. Die Fertigstellungszahlen bleiben weiter stark rückläufig. Dennoch schätzen die Unternehmen ihre Perspektiven ein wenig positiver ein als in den Vorjahren.
„Dieser zurückhaltende Optimismus stützt sich trotz der vielen Rückschläge der vergangenen Jahre auf die schlagzeilenträchtigen Ankündigungen von Bauturbo, Novellierungen und Investitionsoffensiven. Mal abwarten, was davon am Ende übrigbleibt“, sagte Dr. Schmitt.
Die Geschäftszahlen im Überblick:
Neubau
Ins Neubaugeschäft haben die vdw-Mitglieder im vergangenen Jahr 410 (2023: 463) Millionen Euro investiert; im laufenden Jahr wird nur noch mit rund 364,5 Millionen Euro gerechnet. Die vdw-Chefin hat noch eine andere Vergleichszahl: „2021 waren wir bei fast 700 Millionen Euro für den Neubau. Dieser Absturz ist beispiellos.“
Die Fertigstellungszahlen (Anzahl Wohneinheiten) der vdw-Mitglieder im Überblick:
Niedersachsen Bremen gesamt
2022 2061 416 2477
2023 1602 241 1843
2024 1236 244 1480
2025 (geplant) 952 165 1117
Auch die Zahl der mit öffentlicher Förderung errichteten Wohnungen durch vdw-Mitglieder ist weiter rückläufig. Die Unternehmen im Land Bremen haben 2024 104 (2023: 152) geförderte Wohnungen fertiggestellt, in Niedersachsen waren es 418 (616). „Hier haben sich unsere Erwartungen nicht erfüllt. Gleichwohl sind die Förderkonditionen durch Bremer Förderbank und NBank mittlerweile optimiert worden, so dass der öffentlich geförderte Wohnungsbau in Zukunft gestärkt werden sollte“, meinte Dr. Susanne Schmitt.
Wohnungsbestand
Weiterhin gilt: Das Land Bremen will bis 2038 CO2-neutral sein, Niedersachsen bis 2040. Die Wohnungswirtschaft muss daher massiv in die energetische Sanierung ihrer Wohnungsbestände investieren.
Dazu Dr. Schmitt: „Nur damit die Dimension dieser Aufgabe klar wird: Der mit Abstand größte Teil der rund 400.000 Wohnungen, die unsere Mitglieder managen, stammt von vor der Jahrtausendwende. Die Gebäude sind somit mindestens ein Vierteljahrhundert alt, wurden teilweise schon saniert und müssen aufgrund der jetzt geltenden Vorgaben erneut energetisch optimiert werden.“
Entsprechend lagen die Bestandsinvestitionen für Modernisierung und Instandhaltung im Geschäftsjahr 2024 bei knapp 890 (2023: 727) Millionen Euro – und damit auf Rekordniveau. Im laufenden Jahr deutet sich ein Rückgang auf 742 Millionen Euro an. „Die große Investitionsneigung ist nur eine Seite der Medaille“, schränkt die vdw-Verbandsdirektorin ein, „denn ein großer Teil der Aufwendungen ist nicht auf vermehrte Projekte, sondern auf immer höhere Baupreise sowie Qualitäts- und Anforderungsveränderungen zurückzuführen.“
(**Modernisierung: Verbesserung des Zustands der Mieträume // ***Instandhaltung: Erhalt bzw. Wiederherstellung des vertragsgemäßen Zustands der Mieträume)
Mieten
Die Mieten bleiben trotz eines spürbaren Anstiegs um rund 3,3 Prozent auf einem preisgünstigen Niveau. Im Durchschnitt liegt der Quadratmeterpreis im Verbandsgebiet bei 6,60 (2023: 6,39) Euro (nettokalt). In Niedersachsen sind es 6,60 (6,39) Euro/Quadratmeter, im Land Bremen 6,59 (6,39) Euro/Quadratmeter. Die Steigerungsrate liegt über der allgemeinen Inflation von 2,1 Prozent sowohl in Niedersachsen als auch im Land Bremen.
Gestiegen sind auch die Betriebskosten, die 2024 bei 1,97 (Niedersachsen) bzw. 2,13 (Bremen) Euro/Quadratmeter lagen (2023: 1,84 Euro/Quadratmeter in Niedersachsen; 1,86 Euro/Quadratmeter in Bremen).
Außerdem müssen die Mieter Heizkostenvorauszahlungen in Höhe von 1,84 (Niedersachsen) bzw.1,49 (Bremen) Euro/Quadratmeter leisten (2023: 1,74 Euro/Quadratmeter in Niedersachsen; 1,42 Euro/Quadratmeter in Bremen).
„Die allgemeine Entwicklung der Wohnkosten ist für viele Mieterhaushalte zweifellos belastend. Unsere Mitgliedsunternehmen wollen diesen Trend eindämmen. Deswegen werden weiterhin viele Neubaupläne zurückgestellt, um unsoziale Mieten von bis zu 20 Euro pro Quadratmeter zu vermeiden, und teure Luxussanierungen finden bei uns ohnehin nicht statt. Die Wohnungsunternehmen geben nach Modernisierungsmaßnahmen die investierten Kosten mit Augenmaß weiter. Niemand soll finanziell überfordert werden. Man muss indes bedenken, dass viele Wohnungen vor der Sanierung Mietpreise von fünf Euro pro Quadratmeter oder sogar weniger hatten“, betonte Dr. Susanne Schmitt.
Stimmungslage
Mit der Jahresstatistik wurde die Stimmungslage der vdw-Mitglieder erfragt. Die allgemeine Geschäftslage liegt bei einem Wert von 2,35 (Skala von 1=deutlich zunehmend bis 5=deutlich abnehmend / Vorjahrswert: 2,48), die Investitionserwartung im Neubau bei einem Wert von 2,87 (3,25) und im Bestand bei 2,33 (2,45).
Abgefragt wurden auch der Geschäftslage-Index (Wie beurteilen Sie die gegenwärtige Geschäftslage Ihres Unternehmens?) und der Geschäftserwartungs-Index (Wie wird sich Ihrer Einschätzung nach die Geschäftslage Ihres Unternehmens innerhalb der nächsten 2 bis 3 Jahre entwickeln?). Beide Indizes verzeichnen auf niedrigem Niveau eine leichte Aufwärtstendenz. Dr. Schmitt: „Eine Trendwende lässt sich daraus nicht ableiten. Die Branche verharrt zwischen Hoffen und Bangen.“
Bezahlbar – Sozial – Klimagerecht
Die Aufbruchstimmung der Jahre 2019 bis 2022 ist längst verpufft. Der Anspruch der sozialorientierten Wohnungsunternehmen im vdw-Verbandsgebiet, bezahlbaren und klimagerechten Wohnraum insbesondere für Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen zur Verfügung zu stellen, ist unter den gegebenen Bedingungen kaum noch aufrechtzuerhalten. Zu sperrig sind die gesetzlichen und technischen Anforderungen, zu hoch sind die Baukosten, zu teuer ist das Bauland.
Um die Probleme am Wohnungsmarkt zu lösen, hat der vdw hat mit den Landesregierungen in Hannover und Bremen in den zurückliegenden Monaten an wichtigen Stellschrauben gedreht. Die mit fachlicher Unterstützung des vdw entstandene neue Niedersächsische Bauordnung hat bundesweit Vorbildcharakter. Und in Bremen hat die gemeinsame Arbeit am sogenannten „Bremer Weg“ begonnen, der ebenfalls Lösungen zur Senkung von Baukosten und zur Vereinfachung von Genehmigungsverfahren aufzeigen soll.
Was ist jetzt zu tun?
Förderung
Verbandsdirektorin Dr. Schmitt: „Wir benötigen in Niedersachsen eine neue Förderstruktur. Um Wohnungen nicht nur im unteren Mietpreissegment zu errichten, sondern in gleicher Weise das Angebot für die arbeitende Mitte auszuweiten, muss ein dritter Förderweg eingerichtet werden. Damit könnten neue Wohnungen zu einem geregelten Mietpreis von acht bis zwölf Euro pro Quadratmeter ermöglicht werden. Außerdem besteht mit der Investitionsoffensive des Landes (plus 200 Millionen Euro) die Chance, im bestehenden zweiten Förderweg einen Tilgungszuschuss für Investoren zu gewähren.“
Eine Wette auf die Zukunft
Übrigens: Seitens des Bundes sind von 2026 bis 2029 insgesamt 20 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau vorgesehen. Außerdem wird die Städtebauförderung im gleichen Zeitraum mit insgesamt rund 5,2 Milliarden Euro gestärkt. „Grundsätzlich gute Voraussetzungen für die Stärkung des Wohnungssektors. Aber noch ist dies alles eine Wette auf die Zukunft.“
Klimaschutz
Der vdw ist der Initiative „Praxispfad CO2-Reduktion im Gebäudesektor“ beigetreten, die auf die Reduktion von Treibhausgasen im Gebäudebereich fokussiert statt auf die Erreichung von Energieeffizienzvorgaben. „Mit diesem Paradigmenwechsel wird der Weg geebnet, überteuerte Maßnahmen an Gebäuden zu vermeiden und stattdessen die Klimaziele sozialverträglich zu erreichen“, betonte Dr. Schmitt. Um bei dieser Mammutaufgabe weder Vermieter noch Mieter finanziell zu überfordern, bedürfe es einer verlässlichen öffentlichen Förderung. „Das hat auch etwas mit Vertrauen zu tun.“
Bauen wieder einfacher machen
„Mehr Gebäudetyp E wagen!“ So lautet seit langem eine zentrale Forderung des vdw. „Wir müssen endlich einfach, effektiv und effizient bauen“, betonte Dr. Schmitt. Dafür müssen etablierte Baustandards z.B. beim Brandschutz, Schallschutz und der Barrierefreiheit sinnvoll und vor allem rechtssicher reduziert werden.
Abweichungen von DIN-Normen dürfen kein Mangel mehr sein. Zudem müssen für nachweislich mehrfach errichtete, baugleiche Gebäude Typengenehmigungen ermöglicht werden, um Genehmigungsprozesse zu beschleunigen. Außerdem fordert der vdw die Förderung von Holz und weiterer alternativer Baustoffe. Doch bislang ist der standardisierte Bau von Mehrfamilienhäusern in Deutschland hinter den hohen Erwartungen zurückgeblieben.
Dazu die Verbandsdirektorin: „Einige unserer Mitglieder haben Projekte realisiert und sind mit den erzielten Ergebnissen, sowie in bautechnischer als auch in betriebswirtschaftlicher Hinsicht, sehr zufrieden. Ich wünsche mir natürlich eine deutlich größere Anzahl von Neubauvorhaben dieser Art.“
Wohnkosten
Die Mieten in Deutschland – auch in Niedersachsen und Bremen – steigen. Daraus ergibt sich eines der gravierenden sozialen Probleme unserer Zeit. Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen sind besonders betroffen. Oft sind es Familien, Alleinerziehende, Senioren, Auszubildende und Studierende, die gerade in urbanen Bereichen keinen passenden Wohnraum mehr finden und zunehmend auf Transferleistungen angewiesen sind. Aber auch Haushalte aus der Mitte unserer Gesellschaft mit einem geregelten Einkommen, geraten angesichts hoher Wohnkosten an ihre finanziellen Grenzen.
Im Neubau, das haben die vergangenen Jahre gezeigt, ist dieses Dilemma nur noch mit öffentlicher Förderung zu lösen. Selbst die vdw-Mitgliedsunternehmen berichten, dass Mietpreise von mehr als 18 Euro pro Quadratmeter nötig wären, um die hohen Baukosten decken zu können – selbst wenn auf eine eigene Rendite verzichtet wird. Und mit der Miete ist es nicht getan. Zu den Wohnkosten gehören auch Abgaben für Steuern, Versicherungen, Energie und Müllabfuhr, auf die die Wohnungswirtschaft keinen Einfluss hat. „Nicht nur Vermieter, auch Bauwirtschaft, Energieversorger, Länder und Kommunen tragen dazu bei, dass Wohnen immer teurer wird“, sagte Dr. Susanne Schmitt.
Ausblick
Dr. Schmitt: „Wir haben vier zentrale Forderungen, um das soziale Wohnen wieder zu stärken:
Die Entwicklung des Wohnungsbestands muss in den politischen Fokus rücken. Es gibt ungenutzte Potenziale für mehr bezahlbaren Wohnraum z.B. in Dachgeschossen. Auch Nachverdichtungen und Ersatzneubauten können Quartiere aufwerten, neue Wohnqualitäten schaffen und bei der Erreichung der Klimaziele unterstützen. Eine gezielte Förderung ist unabdingbar.
Kommunales Bauland muss vordringlich und kostengünstig dem sozialen Wohnungsbau zur Verfügung gestellt werden. Auch die Innenentwicklung von Städten und Gemeinden kann mit innovativen Wohnangeboten gestärkt werden.
Bürokratische Hürden und zu hohe Standards fürs Bauen und Sanieren müssen konsequent abgebaut werden. Die Digitalisierung kann Genehmigungsprozesse beschleunigen, Planungsschleifen verhindern und für mehr Transparenz sorgen.
Steueranreize sind dringend erforderlich. Die Grunderwerbsteuer sollte auf 3,5 Prozent und der Mehrwertsteuersatz für preisgebundenen Wohnraum auf 7 Prozent abgesenkt werden.
Der vdw Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Niedersachsen Bremen vertritt die Interessen von 180 Wohnungsunternehmen. In ihren rund 400.000 Wohnungen leben fast eine Million Menschen. In Niedersachsen gehört jede fünfte Mietwohnung zum Bestand der vdw-Mitgliedsunternehmen, im Land Bremen liegt der Anteil sogar bei mehr als 40 Prozent. Die vdw-Mitgliedsunternehmen sind somit die wichtigsten Anbieter von Mietwohnungen in den beiden Ländern.
KfW-Kommunalpanel 2025: Investitionsstau. Quelle: KFW-Kommunalpanel 2025, Befragung durch das Difu
Die Kommunen in Deutschland beklagen den immer weiter steigenden Investitionsstau. Bei der jährlichen vom Deutschen Institut für Urbanistik (Difu) für die KfW durchgeführten Befragung bezifferten sie den wahrgenommenen Investitionsrückstand auf insgesamt 215,7 Milliarden Euro – ein Rekordwert und Anstieg um 15,9 Prozent bzw. 29,6 Milliarden Euro im Vergleich zum Vorjahr.
Den größten Investitionsrückstand sehen die Kommunen erneut bei Schulgebäuden. Hier beträgt die Lücke 67,8 Milliarden Euro oder 31 Prozent des gesamten Investitionsstaus. Darauf folgt die Straßen- und Verkehrsinfrastruktur mit 53,4 Milliarden Euro oder 25 Prozent des Investitionsrückstands.
„Ich gehe davon aus, dass derzeit in vielen Kommunen die Dringlichkeit für den Nachholbedarf bei den Schulen steigt. Grund dafür ist der gesetzliche Anspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder ab 2026“, kommentiert Prof. Dr. Carsten Kühl die Ergebnisse. „Vielerorts müssen jedoch die baulichen Voraussetzungen sogar erst noch geschaffen werden.“
Gravierenden Investitionsrückstand bei den Schulgebäuden
Insgesamt geben 56 Prozent der Kommunen einen nennenswerten oder gravierenden Investitionsrückstand bei den Schulgebäuden an. Dabei zeigt sich ein starker Zusammenhang mit der Kommunengröße: Während bei Kommunen mit 2000 bis 5000 Einwohnern etwa die Hälfte einen nennenswerten oder gravierenden Rückstand bei Schulgebäuden sehen, steigt der Anteil auf knapp 90 Prozent bei Städten mit mehr als 50.000 Einwohnern. Kommunen in Süddeutschland haben deutlich seltener einen starken Investitionsrückstand zu beklagen, als jene in Nordrhein-Westfalen oder im Südwesten Deutschlands – also in Hessen, Rheinland-Pfalz und im Saarland.
Zurückzuführen ist der hohe Investitionsrückstand auch auf Probleme bei der Unterhaltung. Insgesamt gaben 19 Prozent aller befragten Kommunen an, dass sie sich den Unterhalt ihrer Infrastruktur nur im geringen Umfang oder gar nicht mehr leisten können. Das sind fünf Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Beim Thema Straßenbau waren dies sogar 32 Prozent, sechs mehr als im Vorjahr.
Zu wenig Personal in den Bauämtern, komplexe Dokumentationspflichten oder lange Genehmigungsdauer
Um die Situation zu bewältigen, planen die Kommunen für 2025 insgesamt 48 Milliarden Euro an Investitionen. Im Vorjahr waren es 47 Milliarden Euro, 2023 lag die Planung bei 43 Milliarden Euro. Allerdings werden nicht alle geplanten Investitionen auch umgesetzt. Im Jahr 2024 gaben die Kommunen dafür laut Hochrechnung lediglich 30 Milliarden Euro aus.
„Für diese Differenz sind Investitionshemmnisse verantwortlich, die nicht unbedingt mit der Finanzlage zu tun haben. Dazu gehören etwa zu wenig Personal in den Bauämtern, komplexe Dokumentationspflichten oder lange Genehmigungsdauern“, sagt Difu-Projektleiter Dr. Christian Raffer.
Diesen Befund müsse man ernst nehmen, wenn jetzt über die Verteilung der Mittel aus dem Sondervermögen Infrastruktur von den Ländern an die Kommunen entschieden werde, so Raffer weiter. „Wichtig ist, dass zusätzliche Mittel bürokratiearm verteilt werden.“
Sybille Wenke-Thiem
Das KfW-Kommunalpanel beruht auf einer bundesweit repräsentativen Befragung der Kämmereien von Städten und Gemeinden mit mehr als 2.000 Einwohnern sowie allen Landkreisen, die im Auftrag von KfW Research durch das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) seit 2009 jährlich durchgeführt wird. Die Befragung für die aktuelle Ausgabe fand von Januar bis März 2025 statt. Der wahrgenommene Investitionsrückstand ist die Summe, die Kommunen heute investieren müssten, um ihre Infrastruktur in Qualität und Quantität wieder in einen adäquaten Zustand zu bringen.
Empfangsgebäude des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe aus nord-östlicher Richtung. Foto von Nikolay Kazakov
Die zunehmende Digitalisierung erhöht die Effizienz von Unternehmen, bringt jedoch auch Haftungsrisiken mit sich. Der Bundesgerichtshof (BGH) urteilte aktuell, dass auch der bloße und kurzzeitige Verlust der Kontrolle über eigene personenbezogene Daten einen immateriellen Schaden im Sinne des Art. 82 Abs. 1 der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) darstellen kann. Dies ruft die Relevanz der D&O-Versicherung auf den Plan.
Ausgangslage
Die D&O-Versicherung („Directors & Officers Liability“, auch Manager-Haftpflicht) ist eine Versicherung gegen Vermögensschäden, verursacht auf der Ebene der Unternehmensleitung durch Geschäftsführer, Vorstände, Aufsichtsräte und sonstige der Führungsriege angehörige Personen.
Über die D&O versicherte „echte“ Vermögensschäden sind finanzielle Einbußen, die ohne eine vorhergehende Verletzung von Personen oder Sachen entstehen. Beispiele hierfür sind Schäden durch eine fehlerhafte Beratung oder durch Vertragsbruch.
Immaterielle Schäden haben noch einen anderen Charakter: Es handelt sich um Tatbestände ohne direkten Vermögens-, Sach- oder Personenschaden. Beispiele sind Persönlichkeitsrechtsverletzungen, Reputationsschäden (Rufschädigung eines Unternehmens oder einer Person) oder die Verletzung von Geheimhaltungspflichten oder Datenschutzvorgaben, die keine direkten Vermögensfolgen haben.
Die klassische D&O ist eine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung, d. h. sie deckt begründete Ansprüche gegen Führungskräfte wegen Pflichtverletzungen, aus denen ein Vermögensnachteil entsteht, sowie die Abwehrkosten wie Anwalts- und Gerichtskosten bei unbegründeten Vorwürfen.
Immaterielle Schäden sind typischerweise nicht gedeckt – es sei denn, sie führen mittelbar zu einem Vermögensschaden (z. B. durch Reputationsverlust bedingte Umsatzeinbußen) oder sie sind ausdrücklich in den Versicherungsbedingungen eingeschlossen. Hierbei zeigen einige Versicherer allerdings große Zurückhaltung.
Szenario nach Art. 82 DSGVO
Jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen die Datenschutzgrundverordnung ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, hat Anspruch auf Schadenersatz gegen den/ die Verantwortlichen. Das ist die Kernaussage der Regelung in Art. 82 DSGVO. Gemäß aktueller Rechtsprechung des BGH (Entscheidung vom 18.11.2024, Aktenzeichen VI ZR 10/24) muss hierbei weder eine missbräuchliche Verwendung der Daten erfolgt sein noch bedarf es sonstiger zusätzlicher spürbarer negativer Folgen.
BGH stärkt Betroffenenrechte: Schadenersatz bei Datenschutzverletzungen
Mit dieser Rechtsprechung hat der BGH die Rechte Betroffener maßgeblich gestärkt. Datenschutz- und Datenrechtsverletzungen können daher per se eine Vielzahl von Schadenersatzansprüchen nach sich ziehen. Hierbei kommen nicht nur Ansprüche gegen das Unternehmen in Betracht (so die Ausgangslage der BGH-Rechtsprechung), sondern es ist durchaus denkbar, dass auch die für Datenrechtsvorfälle verantwortlichen Entscheidungsträger auf der Führungsebene direkt und persönlich auf Schadenersatz in Anspruch genommen werden.
Von der Haftung zur Deckung: Sind die Haftungsrisiken von Mitgliedern der Unternehmensleitung wegen immaterieller Schäden auf Grundlage des Art. 82 DSGVO versicherbar? Die Antwort lautet: Ja! In unseren D&O-Spezialkonzepten können wir die wichtigsten Tatbestände immaterieller Schäden in Deckung nehmen. Hierzu zählen Ansprüche wegen Persönlichkeitsrechtsverletzungen, wegen Verletzung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ebenso wie Reputationsschäden und Inanspruchnahmen wegen Datenschutz- und Datenrechtsverletzungen. Dies ist allerdings kein Marktstandard. Es ist daher ratsam, die bestehenden Versicherungsbedingungen sorgfältig zu prüfen.
Die Mitversicherung von DSGVO-Schäden ist bereits in einigen unserer AVW-D&O-Konzepte bedingungsseitig enthalten. Gerne prüfen wir Ihren Versicherungsschutz, ob und inwieweit auch immaterielle Schäden gedeckt sind. Wenden Sie sich bei Fragen hierzu gerne an Ihren Kundenmanager.
Julia Bestmann
Ass. jur., Fachbereich HUK / Financial Lines, AVW-Gruppe
„Die geplante gesetzliche Erweiterung der Duldungspflicht sowie ein faktisch unbeschränkter Anspruch auf Nutzung von Glasfasern im Gebäude, auch wenn dort keine Verträge mit Mietern geschlossen sind, sind keine Beschleuniger, sondern Bremsklötze für den Netzausbau“, warnt Ingeborg Esser, Hauptgeschäftsführerin des GdW (Copyright GdW / Urban Ruths)
Die sozial orientierte Wohnungswirtschaft warnt anlässlich der Vorstellung der Eckpunkte zur Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) vor geplanten Eingriffen in bestehende Inhaus-Infrastrukturen. Übermäßige Regulierung würde funktionierende Kooperationsmodelle gefährden und dringend notwendige Investitionen in den Glasfaserausbau bremsen.
„Was wir jetzt brauchen, sind Anreize und verlässliche Rahmenbedingungen für den Glasfaserausbau – nicht gesetzlich verordnete Duldungspflichten, die Investitionen hemmen und Eigentumsrechte aushöhlen“, sagt Ingeborg Esser, Hauptgeschäftsführerin des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW.
„Die Bundesregierung läuft Gefahr, mit gut gemeinter Regulierung das Gegenteil zu erreichen: einen Rückschritt beim digitalen Fortschritt in unseren Wohnquartieren.“
Beschleunigung durch Kooperation statt Bremsklötzen in Form von Regulierung
Der Ausbau gigabitfähiger Netze bis in jede Wohnung ist ein gemeinsames Ziel von Wohnungswirtschaft und Telekommunikationsunternehmen. Schon heute arbeiten viele Wohnungsunternehmen erfolgreich mit Netzbetreibern zusammen – auf freiwilliger Basis, durch partnerschaftliche Verträge und mit Rücksicht auf die bauliche Realität in Mehrfamilienhäusern.
„Die geplante gesetzliche Erweiterung der Duldungspflicht sowie ein faktisch unbeschränkter Anspruch auf Nutzung von Glasfasern im Gebäude, auch wenn dort keine Verträge mit Mietern geschlossen sind, sind keine Beschleuniger, sondern Bremsklötze für den Netzausbau. Denn sie würden vor allem kleinere Netzbetreiber schwächen und langwierige Rechtsstreitigkeiten provozieren“, so Esser weiter.
„Anstatt bewährte Modelle zu gefährden, sollte die Politik das Glasfaserbereitstellungsentgelt (GBE) weiterentwickeln und die Informationsarbeit stärken.“
Den Bremsklotz „Konzernklausel“ abschaffen und den Glasfaserausbau stärken
Zudem fordert Esser die längst überfällige Abschaffung der derzeit geltenden sogenannten Konzernklausel als zentralen Bremsklotz. Diese im TKG verankerte Klausel schließt die Immobilienwirtschaft als einzige Investorengruppe bei Streitbeilegungsverfahren vor der Bundesnetzagentur von fairen und angemessenen Nutzungsentgelten aus und hemmt den Glasfaserausbau entscheidend.
„Wir begrüßen, dass die Bundesregierung über eine Streichung dieser diskriminierenden Klausel nachdenkt. Allerdings sind die in den Eckpunkten genannten Bedingungen so restriktiv, dass Glasfaserausbau und Wettbewerb nicht gefördert, sondern zusätzlich belastet würden“, warnt Esser.
Europäische Vorgaben machen zusätzliche nationale Regulierung überflüssig
Ab November 2025 gelten mit der EU-Gigabit-Infrastrukturverordnung neue, europaweit verbindliche Regeln für den Glasfaserausbau bei Neubauten und umfassenden Renovierungen. Aus Sicht des GdW ist es daher weder notwendig noch zielführend, zusätzliche nationale Verpflichtungen einzuführen.
Vielmehr droht nur unnötige Bürokratie erzeugt, die die gesellschaftliche Akzeptanz der Digitalisierungspolitik gefährdet.
Der GdW ruft die Bundesregierung dazu auf, den eingeschlagenen Weg verlässlicher Partnerschaften zwischen Wohnungswirtschaft und Telekommunikationsunternehmen nicht durch neue Zwangsmaßnahmen zu untergraben. Es braucht keine weiteren regulatorischen Eingriffe, wo Kooperationen bereits funktionieren. Stattdessen sollten Planungs- und Investitionssicherheit gestärkt, bestehende freiwillige Modelle weiterentwickelt und bürokratische Hürden abgebaut werden.
Nur durch Anreize, Dialog und Vertrauen kann der flächendeckende Glasfaserausbau gelingen – zum Nutzen von Mietern, Eigentümern und der gesamten digitalen Infrastruktur Deutschlands.
Andreas Schichel
Der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen vertritt als größter deutscher Branchendachverband bundesweit und auf europäischer Ebene rund 3.000 kommunale, genossenschaftliche, kirchliche, privatwirtschaftliche, landes- und bundeseigene Wohnungsunternehmen. Sie bewirtschaften rd. 6 Mio. Wohnungen, in denen über 13 Mio. Menschen wohnen. Der GdW repräsentiert damit Wohnungsunternehmen, die fast 30 Prozent aller Mietwohnungen in Deutschland bewirtschaften.
Urteile zum Themenkreis Dach, Zimmerdecke, Decken-leuchte
Es ist kein Alltagsblick, der Blick nach oben – hoch zur Zimmerdecke oder gar auf das Dach einer Immobilie. Aber manchmal ist er nötig. Zum Beispiel dann, wenn es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung um diese Materie kommt. Der Infodienst Recht und Steuern der LBS stellt in dieser Extra-Ausgabe einige Gerichtsurteile dazu vor.
Es ist kein Alltagsblick, der Blick nach oben – hoch zur Zimmerdecke oder gar auf das Dach einer Immobilie. Aber manchmal ist er nötig. Zum Beispiel dann, wenn es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung um diese Materie kommt. Der Infodienst Recht und Steuern der LBS stellt in dieser Extra-Ausgabe einige Gerichtsurteile dazu vor.
Streit um Nähmaschinen-„Lärm“
Die Bewohnerin einer Immobilie fühlte sich durch Nähmaschinengeräusche von oben gestört – und zwar dermaßen, dass sie ihrerseits immer wieder mit einem Gegenstand gegen die Decke klopfte, um auf ihren Unmut hinzuweisen.
Dieses Vorgehen hielt das Amtsgericht München (Aktenzeichen 173 C 11834/23) für unangemessen und sprach der Nachbarin von oben ein Schmerzensgeld in Höhe von 300 Euro zu. Es sei nicht statthaft, die Nachtruhe anderer auf diese Weise zu stören. Auch dann nicht, wenn man der Meinung sei, in „Notwehr“ gehandelt zu haben.
Wem gehört das Dach?
Das Dach eines Gebäudeanbaus gehört zum Gemeinschaftseigentum einer Eigentümergemeinschaft. Das ist selbst dann der Fall, wenn sämtliche unter diesem Dach befindlichen Räume dem Sondereigentum einer Partei zugerechnet sind.
Das Landgericht Karlsruhe (Aktenzeichen 11 S 53/22) begründete dies damit, dass ein Dach als konstruktiver Bestandteil einer Immobilie grundsätzlich nicht sondereigentumsfähig sein könne.
Nach Dachreparatur Besuch vom Waschbären – Wer zahlt?
Wenn sich Waschbären im Dachboden einnisten, dann ist das nach Auskunft derjenigen, die das schon einmal erlebt haben, eine kaum zu steigernde Belästigung. Hier hilft nichts anderes, als die Tiere mit erheblichem Aufwand zu vergrämen. Ein Hausbesitzer forderte Schadenersatz von einer Sanitärfirma, deren Beschäftigter bei Arbeiten einen Zugang zum Dach nicht geschlossen habe.
Das Landgericht Frankfurt/Main (Aktenzeichen 2-02 O 578/23) konnte nicht erkennen, dass der Handwerker irgendwelche Pflichtverletzungen begangen habe, zumal er als Installateur für das fachgerechte Verschließen einer Holzverkleidung gar nicht qualifiziert sei.
Kosten für Dachbegrünung umlagefähig?
Dachbegrünungen sind in Mode. Doch wann können – ähnlich wie bei einem Garten – die Kosten dafür auf die Mieter umgelegt werden? Das Amtsgericht Köln (Aktenzeichen 206 C 232/15) stellte fest, dass jedenfalls dann ein Umlegen nicht möglich sei, wenn die Dachbegrünung gar nicht von außen einsehbar sei.
Solaranlage auf Denkmal?
Es gibt eine gewisse natürliche Konkurrenz zwischen der Installation von Solaranlagen und dem Denkmalschutz. Nicht alles, was im Sinne der erneuerbaren Energien ist, finden auch die Denkmalschützer gut.
Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (Aktenzeichen 10 A 2281/23) betonte in einem Urteil, dass das Interesse an der Errichtung einer Solaranlage regelmäßig den Belangen des Denkmalschutzes vorgehe. Dies gelte allemal dann, wenn wie hier die nach der Denkmalbereichssatzung ausgewiesenen erhaltenswerten Blickbezüge nicht erheblich beeinträchtigt würden.
Riss in der Wohnzimmerdecke – Schönheitsreparatur?
Wenn Risse an der Wohnzimmerdecke entstehen, dann mag sich die Frage stellen, ob deren Beseitigung als Schönheitsreparatur durch den Mieter durchzuführen ist oder in den Verantwortungsbereich des Vermieters fällt.
Das Landgericht Berlin (Aktenzeichen 67 S 20/17) sah den Eigentümer in der Pflicht, denn es handle sich bei derartigen Rissen klar um Substanzschäden.
Oberlicht – Frischluft nein, Licht ja
Ein Oberlicht in einem Raum ermöglicht zwar Lichtzufuhr, nicht aber einen Austausch der verbrauchten Luft mit Frischluft. Letzteres ist jedoch ein erkennbarer Zweck eines Fensters.
Deswegen kann ein Oberlicht in einem Badezimmer ein herkömmliches Fenster nicht ersetzen, befand das Amtsgericht Berlin-Mitte (Aktenzeichen 6 C 45/23) in einem Zivilverfahren. Es ging um eine Klage bezüglich der Mietpreisbremse.
Am Ende zahlt der Hauseigentümer
Ein Handwerker hatte im Auftrag eines Hausherrn dessen Flachdach repariert. Dazu waren unter anderem Heißklebearbeiten nötig. Dabei kam es zu einem Brand, der auch auf das Nachbaranwesen übergriff und dort enorme Schäden verursachte.
Die Dachdeckerfirma war jedoch zwischenzeitlich insolvent, der Bundesgerichtshof (Aktenzeichen V ZR 311/16) entschied aber, dass auch der Hauseigentümer für den Schaden haften müsse.