Ein klimaneutraler Gebäudebestand bis 2030: Die Bundesregierung stellt damit die Immobilienwirtschaft vor gewaltige Herausforderungen. Kürzlich setzte die Bundesregierung mit ihrem Klimaschutzgesetz und dem Beschluss zur CO2-Bepreisung auch für den Gebäudesektor weitere ambitionierte Rahmenbedingungen fest. Was aber immer noch offen ist: das Gebäudeenergiegesetz (GEG) und damit auch die Übersetzung der Europäischen Direktive (EED) in nationales Recht.
Welche Konsequenzen hat die Umsetzung der EED für Bestandshalter und Verwalter?
Mit der Novellierung der EED wird Funkmesstechnik in der Wohnungswirtschaft Pflicht. Ab 2020 gilt: Werden in einer Liegenschaft neu installierte Zähler und Heizkostenverteiler installiert, müssen diese fernauslesbar sein – unter der Voraussetzung, dass dies technisch machbar, kosteneffizient und im Hinblick auf Energieeinsparungen verhältnismäßig ist. Sind bereits nicht funkende Zähler oder Heizkostenverteiler installiert, müssen diese bis 2027 nachgerüstet oder ersetzt werden.
Stephan Kiermeyer
Eine weitere Herausforderung für die Immobilienwirtschaft:
Ab 2022 müssen den Mietern auch unterjährig Informationen über ihre Energie- und Wasserverbräuche an die Hand gegeben werden, vorausgesetzt, die erforderliche Messtechnik ist im Haus verfügbar. Damit ist die EED Anstoß für grundlegende Veränderungen in der Wohnungswirtschaft: Nur über eine digitalisierte Gebäudeinfrastruktur können die Anforderungen der Direktive erfüllt werden. Herkömmliche Ablese- und Abrechnungssysteme können dies nicht mehr leisten. Eine Umstellung zu einer funkbasierten Fernablesung und Abrechnung von Verbräuchen wird also über kurz oder lang auf jeden Bestandshalter zukommen.
Um neue Geräte nicht vor ihrer Zeit austauschen zu müssen, sollte bei einem anstehenden Zählertausch jetzt schon auf Funktechnik gesetzt werden – denn die Lebensdauer von Heizkostenverteilern beträgt in der Regel zehn Jahre. Kaltwasserzähler haben eine Eichfrist von sechs, Warmwasser- und Wärmezähler von fünf Jahren. Diese regulatorische Pflichterfüllung birgt aber auch neue Möglichkeiten: Die Infrastruktur kann zum Ausgangspunkt für die Digitalisierung in der Wohnungswirtschaft werden. Für neue Chancen, zum Beispiel für effizientere Prozesse, mehr energetische Einsparungen oder für eine direktere Vermieter- Mieter-Kommunikation.
Stephan Kiermeyer
Was verspricht sich der Gesetzgeber von den neuen Vorgaben und der daraus folgenden Digitalisierung der europäischen Wohnungsbestände?
Die neuen Vorgaben der EU sollen zunächst einmal helfen, die Klimaziele über den Hebel der Effizienzgewinne zu erreichen und das Prinzip des „Efficiency first“ zu erfüllen. Das Ziel: zusätzliche Energie-Einsparpotenziale nutzen. Denn, um die Klimaziele zu erreichen, muss der EU-weite Energieverbrauch bis 2030 um 32,5 Prozent gegenüber dem noch 2007 prognostizierten Verbrauch sinken.
Zudem sollen die Chancen der Digitalisierung auch für die Wohnungswirtschaft erschlossen werden: Digitalisierte Infrastrukturen verschlanken wohnungswirtschaftliche Prozesse, unterjährige Verbrauchsabrechnungen machen unmittelbar die Energieverbräuche transparenter und ermuntern Bewohner Energie zu sparen.
Darüber hinaus werden durch die Digitalisierung interoperable Systeme in den Häusern Einzug halten. Für die Branche führt das zu mehr Freiheiten in der Wahl ihrer Dienstleister oder sichert die Hoheit über die Gebäudedaten.
Stephan Kiermeyer
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