Sie ist die eine der Baugenossenschaften mit einer langen Geschichte. 110 Jahre engagiert sich die EBG bereits im sozialen Wohnbau, ursprünglich errichtete sie Siedlungen für Arbeiter und Beamte in ganz Österreich. Der Klimaschutz, die Wiederbelebung des Genossenschaftsgedanken als auch das gemeinsame Planen und Bauen steht im Mittelpunkt der aktuellen Strategie.
ROBERT KOCH
Etwas sperrig klingt der Name: Gemeinnützige Ein- und Mehrfamilienhäuser Baugenossenschaft reg.Gen.m.b.H. Kein Wunder, stammt er doch von den Gründungsvätern im Jahre 1910. Doch das Namenskürzel „EBG“ fügt sich gut in die moderne Medienwelt.
Auf der neuen Homepage des Unternehmens wird der Slogan „Raum zum Wachsen“ unterlegt mit „Leistbare und flexible Wohnkonzepte, die sich mit Ihnen verändern“. Bilder aktueller Projekte belegen das Engagement um attraktive Wohnhaus-Architektur, bei denen der Klimaschutz wie auch die Leistbarkeit im Vordergrund stehen.
Strategie der Verantwortung
Dabei geht es dem Führungsduo Martin Orner und Alexander Gluttig primär um zeitgemäße Inhalte, ihre Strategie konzentriert sich auf drei Schwerpunkte: „Soziale Verantwortung“ steht an erster Stelle und kommt in Kriterien für eine „soziale und diskriminierungsfreie Wohnungsvergabe“ klar zum Ausdruck.
Demnach ist „auf die Leistbarkeit der Wohnung im Verhältnis zum Einkommen zu achten“, ebenso auf die „Dringlichkeit des Wohnbedarfs bzw. besondere Lebenslagen“, den Klimaschutz wie auch die Wiederbelebung der Genossenschaftsidee. Innovationen gehen einher mit Forschung, deshalb gibt es auch eine Reihe an Forschungsprojekten, an denen sich die EBG beteiligt.
Neue Wohn- und Lebensformen werden anhand von aktuellen Wettbewerbsbeiträgen wie beispielsweise für die Neudefinition Wohnen und Arbeiten auf dem ehemaligen Sophienspitalareal analysiert und erarbeitet.
Regelmäßig kooperiert die EBG mit sozialen Institutionen, seit bereits acht Jahren mit dem „Neunerhaus“ und dessen Programm „Housing First“, welches eine dauerhafte Wohnversorgung bisher obdachloser Menschen zum Ziele hat und aktuell über 43 Wohnungen aus dem Bestand verfügt.
„Es wird Modellen, wo die Klienten selbst die Wohnungen anmieten, der Vorzug vor solchen gegeben, wo Institutionen anmieten und an ihre Klienten weitergeben“, heißt es dazu im Strategiepapier. Martin Orner betont die „positive Wirkung in der Hausverwaltung“ aufgrund dieser Kooperationen.
Ökologisch und sozial
Natürlich hat dies Auswirkungen auf die Projektentwicklung im Neubau, wo „Bauen für Familien mit geringem Einkommen in guten Lagen“ als vorrangiges Ziel genannt wird. Aktuelles Beispiel ist das geförderte Wohnbauprojekt Pötzleinsdorfer Höhe 2a in Wien-Währing, wo im Juli 2020 der Spatenstich erfolgte.
Die von Architekt Adolf Krischanitz konzipierte Niedrigenergie-Wohnhausanlage wurde bei einem Bauträgerwettbewerb der Stadt Wien als „ökologisch und sozial herausragender Wohnbau“ ausgewählt. Das im Baurecht übertragene Grundstück in bester Lage ermöglicht Konditionen für genossenschaftliche Mietwohnungen.
„Das Besondere am gemeinnützigen sozialen Wohnbau in Wien ist“, erklärt EBG-Obmann Martin Orner, „dass er auch in teureren Wohngegenden wie in Wien-Währing möglich ist und dort nebst hohen Qualitätsstandards auch den ökologischen Anforderungen gerecht wird und für Menschen mit niedrigem Einkommen leistbaren Wohnraum bietet.“
Auf der Pötzleinsdorfer Höhe entstehen vier Baukörper in Holzriegelbauweise mit 71 geförderten Mietwohnungen, darunter 26 Smart-Wohnungen. Diese umfassen zwei bis fünf Zimmer und haben Wohnflächen zwischen zwischen 55 und 102 Quadratmeter, jeweils mit Balkon, Terrasse oder Eigengarten. Zehn Prozent der Wohnungen sind für „Housing First“ reserviert.
Alle Projekte der EBG werden ambitioniert in puncto Klimaschutz geplant. In Pötzleinsdorf entsteht behagliches Raumklima durch klimafreundlichen Wärmeschutz und Fußbodenheizung, deren Wärmeenergie mittels Wärmepumpe erzeugt wird. Den Strom für die Warmwasserbereitung liefern Photovoltaikanlagen am Flachdach. Fassaden aus qualitativem Lärchenholz umschließen eine großzügige Freifläche mit Gemeinschaftsgarten.
Gemeinschaftsräume mit Küche werden für Mietertreffen und Privatfeiern zur Verfügung stehen. Neben dem „nachhaltigen Umweltgedanken und einem Beitrag zur Bewältigung der Klimakrise“ legt die EBG nämlich „viel Wert auf Gemeinschaftsbildung“ als zentraler Punkt ihres sozialen Engagements.
In jedem Neubauprojekt – besonders in Bauträgerwettbewerben – werden innovative und nachhaltige Lösungen gesucht. Beispiele dafür: Alternativenergiekonzepte, bei denen die Energie für das Wohnhaus am Grundstück selbst produziert wird, Mobilitätskonzepte, die ohne KfZ-Abstellplätze auskommen, standort- orientierte architektonische Konzepte, die für Abkühlung in der Wohnhausanlage sorgen. Aktuell ist eine Sanierungsoffensive geplant, bei der ein Verzicht auf fossile Brennstoffe so weit wie möglich umgesetzt werden soll.
Modelle für Mitbestimmung
Parallel zu einem bereits laufenden Projekt im Stadtentwicklungsgebiet „Wildgarten“ erprobt die EBG mit Unterstützung der „Que(e)rbau Wien“, wie kleingenossenschaftliche Ansätze zeitgemäß umgesetzt werden können.
„Auch die EBG ist als Baugruppe gegründet worden“, erläutert Martin Orner, „Eisenbahner haben gemeinsam in Gmünd – damals ein Bahnknotenpunkt im Waldviertel – ihre Einfamilienhaus-Siedlung errichtet.“ Allerdings wurden die Häuser ins private Eigentum übertragen, was auch für viele Baugruppen-Projekte der jüngeren Periode gilt und oft für Kritik sorgt, wenn öffentliche Fördermittel dies ermöglichen…