Eine Frage der Kosten

Gemeinschaftliche Wohnprojekte scheitern oftmals am Geld. Banken stehen auf der Bremse, Förderungen gibt es kaum. Alternative Finanzierungsmodelle kommen ins Spiel – mit zahlreichen Vor- aber auch Nachteilen. Gerade in wirtschaftlich turbulenten Zeiten dreht sich viel ums Geld.
— BERND AFFENZELLER

Alternative Wohnformen wie Baugruppen oder Baugemeinschaften stellen in Österreich eine Nische dar. „Österreichweit betrachtet, ist das Interesse an dieser Form des Wohnens überschaubar“, sagt etwa Michael Priebsch, Leiter Großvolumiger Wohnbau bei der Erste Bank und selbst Bewohner eines Gemeinschaftswohnprojekts. Heinz Feldmann, Vorstandsmitglied der Initiative Gemeinsam Bauen & Wohnen, sieht hingegen einen „Mikro-Boom in der Nische“. „Speziell in Wien hat sich sehr viel getan, aber auch in den Bundesländern gibt es immer mehr Projekte und Gruppen, die sich auf den Weg machen“, so Feldmann. Allerdings ist es für die Projekte nicht einfach, sich gegen die Marktkräfte der Immobilienentwicklung zu behaupten.

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„Alternative Wohnmodelle funktionieren nur, wenn sie einen bevorzugten Zugang zu Bauland erhalten. Sonst haben sie kaum eine Chance“, ist Wolfgang Amann vom Institut für Immobilien Bauen und Wohnen überzeugt. Diese Bevorzugung ist aus Sicht des Wohnbauexperten vor allem bei Quartiersentwicklungen durchaus gerechtfertigt. „Diese Modelle, wenn sie gut aufgesetzt sind, können sich häufig als Kristallisationspunkte für die soziale Inklusion, für Kulturinitiativen und die Belebung von Nachbarschaften erweisen“, so Amann. Gerade bei größeren Entwicklungen sieht er Gemeinden gut beraten, für Pluralität zu sorgen und einzelne Baufelder für solche Initiativen zu reservieren.

Schwerer Zugang zu Geld

Für Finanzierungsexperten Priebsch wäre es wichtig, den Zugang zu Förderungen zu erleichtern. „In Österreich ist es sehr schwer, an Förderungen zu kommen. Aus meiner Sicht müsste die Wohnbauförderung in allen Bundesländern für Baugruppen geöffnet werden, auch ohne Bauträger“, so Priebsch. Eine Variante wäre etwa, ähnlich wie in Deutschland einen fixen Prozentsatz des Fördervolumens für alternative Wohnformen zu reservieren.

Damit könnte auch eine neue, weniger kaufkräftige Klientel für diese Form des Wohnens gewonnen werden. Denn aufgrund der aktuellen finanziellen Rahmenbedingungen ist freifinanziertes Gemeinschaftswohnen laut Eveline Hendekli, Geschäftsführerin der WoGen Wohnprojekte-Genossenschaft keine Alternative für Familien mit geringem Einkommen.

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Ist der Zugang zu Förderungen verwehrt, bleibt oft nur die klassische Bankenfinanzierung. „Dabei ist das Risiko für Banken aber groß“, erklärt Priebsch, der sich bei der Erste Bank aufgrund seiner persönlichen Vita dafür einsetzt, dass Projekte nicht a priori abgelehnt werden. Er weiß aber auch, dass die Risiko-Frühwarnsysteme der Banken in fast allen Fällen anschlagen werden. „Meist sind bei den Projekten keine Profis am Werk, es fehlt das einschlägige Know-how.“ Deshalb empfiehlt Priebsch auch allen Interessierten, Projekte nur gemeinsam mit Professionisten umzusetzen.

Das erleichtert auch den Zugang zum Geld. Neben der Bankenfinanzierung stehen den Projekten auch alternative Finanzierungsschienen wie Crowdfunding offen. Wie gut diese Modelle funktionieren, ist auch abhängig vom allgemeinen wirtschaftlichen Umfeld. „Eine Investition in ein Wohnprojekt war im Fall eines extrem niedrigen Zinsniveaus attraktiv, weil es mehr Ertrag versprach als klassische Anlageformen, bei relativ hoher Sicherheit“, erklärt Hendekli.

Wenn die Zinsen steigen, verteuert das auch die alternativen Finanzierungsinstrumente und somit letzten Endes auch das Wohnen in damit finanzierten Projekten. Michael Priebsch gibt zu bedenken, dass Crowdfunding-Finanzierung mit viel Risiko verbunden ist. „Für Wohnprojekte braucht man langfristiges Kapital, das ist bei Crowdfunding nicht der Fall.“ Wolfgang Amann begrüßt zwar den Wettbewerb an Ideen zur Projektfinanzierung, hat bei Crowdfunding-Modellen aber ebenfalls Bedenken. „Ein grundlegender Einwand ist die Einlagensicherung, die bei diesem Modell definitiv ungenügend geregelt ist. Wenn ein Projekt schief läuft, bekommt der Anleger exakt nichts zurück.“

Vermögenspool & habiTAT

In Österreich haben sich zwei verschiedene Modelle der alternativen Finanzierung für Wohnraum etabliert, der „Vermögenspool“ und Nachrangdarlehen in der sogenannten habiTAT-Variante. HabiTAT hat die Strukturen des deutschen Mietshäuser-Syndikats in den österreichischen Rechtsraum übertragen. Dabei geht es um eine nichtkommerziell organisierte Beteiligungsgesellschaft zum gemeinschaftlichen Erwerb von Häusern, die in Kollektiveigentum überführt werden, um langfristig bezahlbare Wohnungen zu schaffen…

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