Ein Brief vom Bundesminister Wissing schlägt hohe Wellen und ein Wunder, die Staus bleiben uns erhalten

Gift für den Einzelhandel! Panikmache! Schamlos! Eigenes Versagen!

Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverband Deutschland (HDE), mahnte: „Die Debatte über Fahrverbote am Wochenende sei „Gift für den Einzelhandel“. „Die Konsumstimmung ist schon schlecht genug. Das Letzte, was der Einzelhandel jetzt braucht, ist noch mehr Verunsicherung für die Kundinnen und Kunden“, sagte er der Funke Mediengruppe.

Claudia Kemfert, Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), sprach von „Panikmache“. „Eine Verkehrswende für Klimaschutz zeichnet sich durch eine Vielzahl von Komponenten aus, wie beispielsweise die Aufhebung des Dieselsteuerprivilegs und Dienstwagenprivilegs, die Förderung von ÖPNV und Schienenverkehr oder aber ein Bonus-Malus-System zur Förderung emissionsarmer Fahrzeuge und der Elektromobilität,“ sagte sie der Funke Mediengruppe.

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Clara Thompson, Greenpeace-Mobilitätsexpertin, sprach von einem „politischen Armutszeugnis“. „Der Verkehrsminister versucht so schamlos wie durchschaubar, mögliche Konsequenzen des eigenen Versagens in politischen Druck umzumünzen“, kritisierte sie im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. 

Jürgen Resch, DUH-Bundesgeschäftsführer, erklärt: „Mit seinem Panik-Brief gesteht Wissing ein, dass er seit Amtsantritt gegen Recht und Gesetz und damit gegen die Verpflichtung zu wirksamen Klimaschutzmaßnahmen im Verkehrsbereich verstößt.“ Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) sagt Resch: „Damit hat er sich aber ins Knie geschossen, weil er uns mit diesem absurden Beispiel hilft, die politische Diskussion über wirklich mögliche Alternativen, hinter denen eine Mehrheit der Bundesbürger seit Jahren steht, führen zu können.“

Julia Verlinden, stellvertretende Grünen-Fraktionschefin, sagte zur Nachrichtenagentur dpa: „Diese Behauptung ist schlichtweg falsch. Ein Minister sollte nicht unbegründet Sorgen bei den Menschen schüren.“

Detlef Müller, SPD-Fraktionsvize, kritisierte Volker Wissing deutlich. „Panikmache durch abwegige Vorschläge helfen dem Klimaschutz im Verkehrsbereich überhaupt nicht, im Gegenteil“, sagte er der Rheinischen Post.

Nun muss aber Schluss sein mit der Minister-Schelte.

Sie lesen das Editorial der Aprilausgabe von Wohnungswirtschaft digital. Richtig! DIGITALES sind unsere Themen, aber als Unterzeile haben wir auch „Fakten und Lösungen für Profis“.

Zurück zu Herrn Wissing. Dr. Volker Wissing, MdB, ist Bundesminister und sein Ministerium heißt „Bundesministerium für Digitales und Verkehr“. Nun schriebt der Minister in einem Brief, (frei übersetzt): Wir schaffen in unserem Ministerium, Sektor Verkehr, die vom Bundes-Klimaschutzgesetz (KSK) vorgegebenen Ziele nicht. Wir müssen das Gesetz so ändern, dass die anderen Sektoren (Energie, Gebäude, Industrie und Landwirtschaft) unser Versagen ausgleichen. Passiert das nicht, muss das Ministerium „Sektor Verkehr“ ein Fahrverbot am Wochenende anordnen.

Und oh Wunder! Hurra, das drohende Fahrverbot ist ja jetzt auch vom Tisch…  Und schon sitzen wir gemeinsam in unseren Autos, fahren kaum, stehen mehr in Staus und warten….. Worauf? Damit es zügig weiter geht.

Es warten nicht nur wir, sondern auch die Handwerker, die Zulieferer der Bauindustrie. Und wir wissen ja: Zeit ist Geld. Zeit im Stau ist vergeudetes Geld. Und wenn wir uns ehrlich machen, dann ist ein Teil dieses „vergeudeten Geldes“, ein Baustein, der unser Bauen teurer macht.

Da könnte ich wieder auf die Schelte (siehe oben) verweisen. Aber nein, bleiben wir sachlich, lassen Fakten sprechen. …

Möge sich der Herr Minister doch mal über den Artikel „Digitalisierung kann 2030 mehr als 70 Millionen Tonnen CO2 einsparen“ beugen. Hier der Link. Dort könnte er lesen, wie und warum Verkehrsflüsse, Lieferketten, Teuerung und Digitalisierung etc. zusammenhängen. Auch die Langfassung der Studie ist dort zu finden, ebenso digitale Lösungen, mit denen sein Ministerium doch noch die Klimaziele erreichen könnte.

Übrigens. Die Immobilien- und Wohnungswirtschaft ist digital gut aufgestellt. Und gerade, wenn es um den Klimaschutz im Wohnumfeld und die Energieverbräuche zum Wohle der Mieter geht. Natürlich ist immer noch Luft nach oben, aber es muss auch für die Bewohner bezahlbar sein und bleiben. Möchte der Herr Bundesminister Dr. Wissing mehr Klimaschutz in dem „Sektor Gebäude“, um seine Klimabilanz auszugleichen? Nur zu! Dann möge er den Herrn Finanzminister zu einer nachhaltigen, sinnhaften „Förderung“ im Gebäude-Sektor ermutigen. Wie sagte Christina Raab, Bitkom-Vizepräsidentin im oben genannten Artikel: „Den Kampf für das Klima gewinnen wir aber nicht allein mit dicker Dämmung, wir gewinnen ihn in erster Linie mit smarter Steuerung.“ Und da ist die Immobilien- und Wohnungswirtschaft schon sehr aktiv – das ist keine Wunder. Nein. Denn die sozial orientierten Wohnungsunternehmen fühlen sich ihren Mietern verpflichtet bezahlbare Wohnungen zur Verfügung zu stellen. Das geht aber nur, wenn sich alle an die gesetzlichen Rahmenbedingungen halten….

April 2024 – Wohnungswirtschaft digital. Ausgabe 34 – mit vielen neuen Anregungen.

Klicken Sie mal rein.

Ihr Gerd Warda

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