Das Bundesland Berlin will ernst machen und alle Betriebe zu einer Ausbildungsplatzumlage verpflichten – nach Bremer Vorbild. Künftig müssten alle Unternehmen in einen Ausbildungsfonds einzahlen. Nur wer selbst ausbildet, bekäme Geld zurück. Der BVI Bundesfachverband der Immobilienverwalter, dem bundesweit mehr als 800 Mitgliedsunternehmen angehören, kritisiert das Vorhaben scharf: Das Berliner Modell dürfe in Deutschland auf keinen Fall Schule machen.
„Wer keine Nachwuchskräfte findet, soll in Bundeshauptstadt demnächst auch noch zahlen. Das ist nichts anderes als ein Azubi-Strafzoll für Betriebe, die längst alles tun, um offene Stellen zu besetzen“, kritisiert BVI-Präsident Thomas Meier. „Unsere Branche zeigt seit Jahren, dass sie Verantwortung übernimmt: Deutschlands Immobilienverwalter bilden bereits im großen Stil aus. Aber viele Betriebe, gerade kleine und mittlere, finden trotz intensiver Suche schlicht keine geeigneten Bewerber. Sie wollen ausbilden, doch ihnen fehlen die Azubis, nicht der Wille.“
Der Gesetzentwurf von Cansel Kiziltepe, Arbeitssenatorin und stellvertretende Landesvorsitzende der Berliner SPD, sieht vor, dass Berliner Unternehmen – unabhängig davon, ob sie ausbilden oder nicht – einen festen Prozentsatz ihrer Bruttolohnsumme in einen Fonds einzahlen. Im Gespräch ist ein Satz zwischen 0,2 und 0,5. Daraus sollen ausbildenden Betrieben die Kosten erstattet werden, insbesondere die Ausbildungsvergütung.
Milchmädchenrechnung ohne Nutzen
Doch das sei eine Milchmädchenrechnung, bemängelt der BVI und verweist auf Bremen, dessen Modell in Berlin als Vorbild dient. In der Hansestadt, wo seit 2023 bereits 0,27 Prozent fällig werden, zahlt ein Unternehmen mit sechs Beschäftigten und einem Azubi bei 300.000 Euro Bruttolohnsumme 810 Euro pro Jahr. Bleibt der Ausbildungsplatz unbesetzt, ist das Geld weg. Wird der Ausbildungsplatz vergeben, fließen 2.250 Euro zurück. „Das ist nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein“, betont Meier, „denn ein Ausbildungsplatz kostet pro Jahr bis zu 30.000 Euro.“ Damit entstünden keine zusätzlichen Ausbildungsplätze nur zusätzliche Kosten.
Im Bundesland Berlin argumentiert man damit, dass die Ausbildungsquote in Branchen wie Bau, Pflege und Schornsteinfegerhandwerk, die eine solche Umlage bereits eingeführt haben, gestiegen sei. „Doch das ist nur die halbe Wahrheit“, sagt Meier.
Auch in diesen Branchen blieben zahlreiche Ausbildungsplätze unbesetzt. Nicht, weil Betriebe sich verweigerten, sondern weil Bewerber fehlen oder sie nicht die nötigen Qualifikationen oder Schulabschlüsse mitbringen. „Diese strukturellen Versäumnisse, die die Berliner Landesregierung über Jahre verschleppt hat, sollen die Betriebe jetzt ausbaden“, resümiert der BVI-Präsident.
Immenser Verwaltungsapparat
Noch dazu zöge die neue Umlage einen immensen Verwaltungsapparat nach sich. Jährlich müssten Betriebe ihre Bruttolohnsumme melden. Eine neu zu schaffende Ausbildungskasse würde das Geld einziehen und verteilen. „Was sollen Deutschlands Betriebe noch alles stemmen?“, fragt man sich beim BVI. Bürokratie kostet in Deutschland laut ifo Institut jetzt schon jährlich 146 Milliarden Euro an Wirtschaftsleistung.
Keine Blaupause für Deutschland
Der BVI appelliert eindringlich an den Berliner Senat, von der geplanten Umlage Abstand zu nehmen: „Die Politik muss endlich begreifen: Betriebe können sich Auszubildende nicht aus den Rippen schneiden. Es fehlt schlicht an geeigneten Bewerbern. Und das ist ein Problem, das die Politik lösen muss – beispielsweise durch bessere schulische Bildung, gezielte Berufsorientierung und eine Aufwertung der Ausbildung gegenüber dem Studium“, fordert Meier.
Es wäre zudem ein riskanter Fehlansatz, wenn ein solches Modell in Deutschland Schule machen würde, warnt der Verband. In Berlin hat Arbeitssenatorin Cansel Kiziltepe bereits einen Gesetzentwurf zur Ausbildungsumlage vorgelegt. Das Gesetz soll greifen, wenn es nicht gelingt, die Zahl der Auszubildenden bis Ende 2025 um 2.000 zu steigern. Derzeit bilden nur rund elf Prozent der Berliner Betriebe aus, bundesweit fast doppelt so viele. Doch Betriebe, die händeringend Nachwuchs suchen, in wirtschaftlich angespannter Lage zusätzlich zu belasten, könne nicht die Lösung sein, kritisiert Meier. „Die Umlage setzt ausbildungsbereite Unternehmen unter Druck, ohne die eigentlichen Ursachen zu bekämpfen.“ Solch ein Ansatz dürfe keinesfalls zur Blaupause für andere Bundesländer oder gar Deutschland werden, denn er sei nicht mehr als Symbolpolitik: „ein politischer Feigenblatt-Trick, der das Nachwuchsproblem nicht löst, sondern kaschieren soll.“
Der BVI Bundesfachverband der Immobilienverwalter e. V. vertritt seit über 40 Jahren professionelle Unternehmen der Immobilienverwaltung, die sich auf Wohnungseigentümergemeinschaften spezialisiert haben. Die über 800 mittelständischen Mitgliedsunternehmen beschäftigen rund 3.000 Mitarbeiter und verwalten etwa 1,4 Millionen Wohneinheiten in ganz Deutschland.
Quelle: BVI // Bianka Wurstbauer



