Grundstücksbevorratung: Funktioniert das System oder braucht es mehr Regulative?

Gregor Puscher

studierte Architektur und arbeitete lange Zeit in der MA 21 Stadtteilplanung und Flächennutzung, u. a. als Leiter der Planungsgruppe West. Seit 2018 ist er Geschäftsführer des wohnfonds_wien.

Der wohnfonds_wien, fonds für wohnbau und stadterneuerung, verfolgt seit Jahrzehnten eine vorausschauende Bodenpolitik am Wiener Bodenmarkt, indem er durch den gezielten Ankauf von Liegenschaften für den geförderten Wohnbau kontinuierlich Bodenreserven aufbaut. Derzeit verfügt der wohnfonds_wien über einen Flächenbesitz im Ausmaß von rund drei Millionen Quadratmeter Bodenfläche. Durch Bauträgerwettbewerbe wird dieser im Rahmen des geförderten Wohnbaus einer Verwertung zugeführt.

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Die Auswahl potenzieller Ankaufsflächen erfolgt in enger Abstimmung mit der Stadtplanung und den Zielen der Wiener Stadtregierung, wie sie beispielsweise im jeweiligen Stadtentwicklungsplan Wien und der Smart Klima City Wien Rahmenstrategie 2019−2050 festgelegt sind. Ein wesentlicher Aspekt der Grundstückakquisition ist, dass gemäß dem Wiener Wohnbauförderungs- und Wohnhaussanierungsgesetz (WWFSG 1989) für die Gewährung einer Förderung die Grundkosten von 188 Euro pro Quadratmeter oberirdischer Bruttogrundfläche nicht überschritten werden dürfen.

2019 wurde die Widmungskategorie „Geförderter Wohnbau“ eingeführt. Für künftige Umwidmungen zur Entwicklung von Wohnbauvorhaben wird der Anteil an gefördertem Wohnbau zwei Drittel betragen müssen. In Verbindung mit der Langfristigkeit sowie den gestiegenen Anforderungen im Zusammenhang mit Artenschutz, Umweltverträglichkeit und anderen Projektentwicklungsthemen ergibt sich dadurch auch die größte Herausforderung der Bodenbevorratung – am Verhandlungsweg mit meist privaten Grundeigentümer: innen zwar die Kaufpreise zu vereinbaren, die nach jahrelanger kostenintensiver Projektentwicklung trotzdem noch die gesetzlich geforderte Angemessenheit aufweisen.

Grundsätzlich hat das Prozedere der Bodenbevorratung bis dato in Wien gut funktioniert. Die in den letzten Jahren am Wiener Bodenmarkt von manchen Akteuren gezahlten Kaufpreise für Grundstücke und die fragliche „Lagegunst“ lassen in dieser Hinsicht jedoch Zweifel aufkommen, wie eine Verwertung dieser Flächen in Verbindung mit der Grundkostenangemessenheit möglich sein wird.

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Doris Molnar

ist seit 1995 im gemeinnützigen Wohnbau tätig. Ihre Schwerpunkte sind Gebäudeverwaltung und Rechtsangelegenheiten. Seit Anfang 2022 ist sie Vorständin bei der Gedesag in Krems.

Einerseits schreibt der Gesetzgeber im WGG eine Bauverpflichtung für GBVs vor, andererseits ist eine ausgewogene, bedarfsgerechte Bauleistung eine wesentliche Ertragskomponente für uns. Eine gewisse Reserve an baureifen Grundstücken ist daher unumgänglich. Ich persönlich halte eine Bevorratung für die Bauleistung von etwa sieben Jahren für einen guten Kompromiss zwischen Sicherheit, Flexibilität, Bindung von Eigenmitteln und anfallenden Kosten bei Fremdfinanzierung.

In Niederösterreich werden bebaubare Grundstücke oftmals von Privaten oder Gemeinden angekauft. Das Angebot deckt in vielen Regionen nicht den Bedarf, was unweigerlich zu ansteigenden Preisen führt. Aber auch die mittlerweile zum Standard erwachsenden Baulandmobilisierungsverträge machen die Grundstücksbevorratung immer schwieriger. Die meist sehr restriktiven Rückkaufbedingungen bewirken, dass im Falle einer nicht zeitgerechten Bebauung – auch wenn diese nicht von der GBV verschuldet wurde – ein wesentlicher Teil der bis dahin getätigten Projektaufwendungen abgeschrieben werden muss.

In den letzten zwei Jahren hat dieses Risiko durch das reduzierte Fördervolumen und die gestiegenen Bau- und Finanzierungskosten stark zugenommen. Für eine GBV wird es immer schwieriger, eine längerfristige Strategie der Grundstücksreserven zu entwickeln. Eine quasi doppelte Bauverpflichtung – einerseits aus den Baulandmobilisierungsverträgen, andererseits aus der bundesrechtlichen Verpflichtung der Bautätigkeit als Hauptgeschäft gemäß §7 im WGG – ist eine Vorschrift zu viel!

Um nachhaltig kostengünstigen Wohnraum errichten zu können, braucht es drei Änderungen: 1. Entfall der Notwendigkeit des Abschlusses von Baulandmobilisierungsverträgen für GBVs, da sie zu einer regelmäßigen Bautätigkeit ohnehin verpflichtet sind. 2. Dichtere Bebaubarkeit und Reduktion der Stellplatzverpflichtungen für Kfz zur effizienteren Ausnutzung der Grundflächen. Und 3. Verbesserung der Flächenwidmung durch Einführung einer Widmungskategorie für geförderten Wohnbau mit Deckelung der Grundkosten für den geförderten Wohnbau.

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