Janina Kugel, Multi-Aufsichtsrätin und Autorin ist Keynote Speaker auf dem Aareon Kongress 2022. In ihrem Impulsvortrag „ESG als Chance: An welchen Stellschrauben müssen wir drehen, um die Herausforderungen unserer globalen Welt zu meistern?“ erklärt die Volkswirtin, was Unternehmen für die Zukunft beachten müssen, um nicht nur die Herausforderungen einer andauernden Gesellschafts- und Klimakrise zu meistern, sondern damit auch den Geschäftserfolg nachhaltig zu sichern. Vorab fünf Fragen an Janina Kugel.
Frau Kugel, wir sehen uns akut und zunehmend mit verschiedenen Krisen konfrontiert – welchen Handlungsbedarf sehen Sie aktuell prioritär, damit Unternehmen langfristig „entspannt“ in die Zukunft blicken können?
Dass wir uns jetzt in Krisen befinden, ist vielleicht für viele Unternehmen eine Besonderheit. Aber es war sicherlich zu erwarten, dass es in der weltwirtschaftlichen Entwicklung nicht über Jahrzehnte hinweg nur bergauf gehen kann. Insofern wird es aus meiner Sicht immer Notwendigkeiten geben, auf Herausforderungen vorbereitet zu sein und auch Trends zu erkennen. Die demografische Entwicklung und der Wandel zum Beispiel sind beispielsweise keine Überraschung, die Beschäftigtenstruktur ist bekannt.
Wenn im Unternehmen also absehbar ist, dass ein Großteil der Mitarbeitenden demnächst in Rente gehen wird, muss man frühzeitig dafür sorgen, dass es Nachfolger*innen gibt und man als Arbeitgeber attraktiv ist, um neue Talente anzuziehen und nicht erst zwei Jahre davor in Panik geraten. Also: mit Weitblick klare, strategische Ziele langfristig zu verfolgen und diese nicht hinter den kurzfristigen Erfolg zu stellen.
Janina Kugel
Sie sagen, ESG muss ein fester Bestandteil der Unternehmensstrategie werden, um die Nachhaltigkeitsthemen der Zukunft erfolgreich meistern zu können. Können Sie an einem Beispiel zeigen, inwiefern das nicht nur die Unternehmen, sondern auch die einzelnen Stakeholder beeinflusst und was es dabei zu beachten gilt?
ESG beinhaltet gesellschaftliche Themen sowie globale Herausforderungen. In den letzten Jahrzehnten wurden die über die Betriebswirtschaft hinausgehenden Themen in vielen Unternehmen immer nur am Rande betrachtet. Eigentlich muss jetzt allen klar sein, dass ein erfolgreiches Unternehmen nur dann in der Zukunft bestehen kann, wenn diese Themen nicht als Randthemen betrachtet werden, sondern fest in der Unternehmensstrategie integriert sind, also in jedem einzelnen Geschäftsbereich verankert sind.
Ich spreche nicht von Greenwashing, sondern von klar messbaren wissenschaftlich basierten Zielen. Der Druck zu Veränderungen kommt nicht nur aus der Wissenschaft oder von Regierungen, sondern auch von großen Investoren sowie von Teilen der Gesellschaft.
Janina Kugel
Welches Mindset braucht es, um ESG erfolgreich anzuwenden, und wie lässt sich das im Unternehmenskontext umsetzen? Welche Skills müssen Leader dafür mitbringen?
Das notwendige Mindset bei allen Veränderungen, ob das nun ESG oder andere Themen sind, ist so zu verstehen, dass man die eigene Perspektive weiten und das eigene Verhalten ändern muss. Mit der Aussage, wir machen alles weiter wie bisher, wird es nie zu Transformation kommen. In vielen Teams sind die Erfahrungen sehr homogen, das gilt auch in der Geschäftsführungs- oder Vorstandsebene.
Wer sich darüber bewusst ist, dass homogene Führungsstrukturen nicht geeignet sind, um die Heterogenität der Herausforderungen zu verstehen, wird bewusst andere Aspekte und Sichtweisen in den Entscheidungsprozess einbeziehen und dadurch schneller und nachhaltig erfolgreich sein.
Janina Kugel
In Ihrem 2021 erschienenen SPIEGEL-Bestseller „It‘s now: Leben, führen, arbeiten – Wir kennen die Regeln, jetzt ändern wir sie“ sind die Themen „Veränderungen“ und“ „Wandel“ von zentraler Bedeutung. Was bedeutet Wandel unter den heutigen Voraussetzungen, Chancen und Hindernissen für Sie? …