„Völlige Technikabhängigkeit ist eine Sackgasse“

Es ist ein Irrglaube, dass wir den Klimawandel mit ein bisschen Green-Tech oder Blue-Tech in den Griff bekommen könnten, sagt Renate Hammer vom Institute of Building, Research &
Innovation. Ernst gemeinte Dekarbonisierung erfordert eine grundlegende Veränderung des Bauens und Wirtschaftens.
WOJCIECH CZAJA

Was war das Ökologischste, das Sie in Ihrem Leben je gemacht haben?

Renate Hammer: „Ich habe versucht, meine Kinder so zu erziehen, dass sie begreifen, dass die Dinge endlich sind, ohne dass sie das erschreckt. Einer meiner Beiträge ist, Dinge lange zu nutzen.“

Wenn wir von Ökologie sprechen, dann meinen wir auch eine Einsparung von Energie und Rohstoffressourcen. Wo stehen wir heute in Österreich?
Hammer: „Die Situation ist nicht erfreulich. Der energetische Endverbrauch ist in Österreich seit dem Jahr 2000 um beinahe 22 Prozent gestiegen. Für das Jahr 2017 weist eine erste Schätzung einen Verbrauch von rund 1.140 Petajoule aus, was im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von knapp zwei Prozent bedeuten würde. Unsere Zielvorgabe für 2020, also für nächstes Jahr, liegt laut Klimaschutzgesetz bei maximal 1.050 Petajoule. Wie wir das schaffen wollen, ist mir unklar. Der Anteil der Erneuerbaren liegt aktuell übrigens bei rund 33,5 Prozent. Die Zuwächse fallen jedoch zunehmend geringer aus.“

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Auf der einen Seite sprechen wir vom Passivhaus, auf der anderen Seite ist die Klimaanlage aus der Dachgeschoßwohnung, oder aus dem verglasten Büro, nicht mehr wegzudenken.
Hammer: Aktuelle Lösungen gegen sommerliche Überhitzung sind oft ganz problematisch. Es gibt eigene Normen, die ein Behaglichkeitsfeld für Innenräume festlegen. Richtlinien schreiben eine Arbeitsraumtemperatur zwischen 22 und 26 Grad vor – auch wenn es draußen 35 Grad hat, was in Mitteleuropa übrigens immer häufiger der Fall sein wird. Ich verstehe nicht, warum wir unsere Häuser im Sommer auf winterliche Kälteniveaus runterkühlen. Das ist unkomfortabel und wohl kaum gesundheitsförderlich.“

Ihr Lösungsvorschlag?
Hammer: „Wir verwenden gerne die Idee des ´Building unplugged´. Das heißt: Wenn man dem Gebäude den Stecker zieht, dann darf es nicht sofort kollabieren. Das klingt selbstverständlicher als es ist. Während des Stromnetzzusammenbruchs im Sommer 2003 in den USA mussten unzählige Bürohäuser evakuiert werden, weil es darin ohne Klimaanlage unerträglich heiß wurde. Völlige Technikabhängigkeit ist eine Sackgasse.“

Viele Bauträger klagen, dass sie die Anforderungen und Erwartungen bezüglich Bauvorschrift, Förderrichtlinien, Grundstücksverfügbarkeit, den bauökologischen Standards und letztendlich auch noch Leistbarkeit für jeden kaum noch unter einen Hut kriegen. Was tun?
Hammer: „Die Umsetzung von ökologisch zentral wichtigen Maßnahmen klingt auf den Lebenszyklus bezogen ökonomisch sinnvoll. Ein Prinzip der Ökologie ist ja die Subsistenz: Was braucht es wirklich? Tatsächlich sind Gebäude aber vielfach in Portfolios übergegangen, die einen rein ökonomischen Blickwinkel des return on investment innerhalb kürzester Zeit einnehmen…

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